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Italien, Österreich und ein Wort zum Schluss

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Hoppla, da fehlt ja noch was… Genau, unsere letzte Etappe! Wie konnte das passieren? Tja, wir sind seit Mitte September wieder zuhause, aber ab dann ist alles wirklich sehr schnell gegangen. Wohnung suchen, der Arbeitsbeginn für uns beide, bürokratische Dinge usw. Manchmal fühlt es sich an wie ein Traum – haben wir das wirklich alles erlebt? Aber jetzt nochmal zurück in den Sommer, und zurück zu unserer letzten Etappe von Italien nachhause.

Die Fähre von Griechenland nach Italien legte mitten in der Nacht in der Nähe von Venedig an. Wir gingen müde an Land und schlugen unser Zelt nahe einer Nebenstraße auf. Am frühen Morgen starteten wir dann unseren Sightseeing-Tag in dem wirklich verträumt-schönen Städtchen Venedig. Eigentlich wollten wir nur einen kurzen Besuch abstatten, doch dann (nach einigen viel zu teuren Kaffees und Pizzastücken – ja, der Preisschock in Europa hatte uns noch nicht losgelassen) wurde es doch 16 Uhr, als wir wieder ans Festland gingen und weiterfuhren. Am Folgetag wollten wir schon in Arco am Gardasee sein, da würden wir Dominiks Geschwister treffen. Bis dort hin würden es aber über 200 km sein, daher wollten wir die letzten Abendstunden nutzen, um nochmal „g’scheit“ Meter zu machen. Was soll man sagen, falsch gedacht… Die Pizza dürfte Berni nicht so wohl bekommen haben, jedenfalls wurde nichts aus geschwind Meter machen, denn wir mussten eine lange Pause im Gebüsch einlegen… Man ist also auch in Europa nicht vor lästigen Magen-Darm-Geschichten gefeit. 😀

Der Folgetag sollte der Längste unserer Reise werden. Bis Arco mussten wir noch 180 km zurücklegen. Daher radelten wir früh los. Leider hatte uns zu dieser Zeit der Sommer schon weitestgehend verlassen. Waren wir in Griechenland ununterbrochen am Schwitzen, begrüßte uns der Norden Italiens mit Regen und grauem Himmel. Wir fetzten also durch – 60 km am Stück, kurze Frühstückspause, 60 km, kurze Pause, 60 km und voila, wir waren in Arco! Aber ganz so einfach ging es dann auch nicht… Gerade auf der letzten Etappe unserer Reise platzte Bernis Hinterreifen… Der erste platte Reifen auf der gesamten Reise! (Domi hatte bereits 15 Platte, Berni bis dahin keinen einzigen!). Um das zu vertuschen pumpten wir den Reifen einfach wieder auf und fuhren weiter, vielleicht würde es schon gehen? Aber leider nein, nach wenigen Metern mussten wir uns eingestehen, dass wir doch den platten Reifen flicken mussten. 😉

In Arco angekommen gönnten wir uns als erstes gleich mal ein Eis. Dann gab es noch Besuch von Bernis Hebammenkollegin Hannah aus Tirol, wo wir am Campingplatz auf ein Bier eingeladen wurden (das uns gleich in den Kopf stieg, da wir ja das gesamte Jahr kaum Aklohol getrunken hatten). Und dann endlich – trafen wir Georg, Markus und Nicole! Es war für uns wie ein erstes Heimkommen. Am Weg zum Treffpunkt waren wir so nervös und aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Wir verbrachten eine abenteuerliche Woche gemeinsam mit Ausflügen, Klettern und unserem Highlight: dem Aquapark mit steilen Rutschen (Einlaufgefahr inklusive…) 😀

Nach diesem Besuch war es für uns besonder schwer weiterzufahren, da jetzt doch das Heimweh immer stärker zu spüren war. Und außerdem konnten wir uns von Arco nicht so recht trennen. Wir waren gerade zu der Zeit in Arco, als die Youth World Champion Ship im Klettern stattfand. Leider waren alle Unterkünfte (die wir uns leisten hätten können) ausgebucht, also fuhren wir jeden Abend etwas vom Ortskern hinaus und schliefen bei einer einsamen Kapelle im Wald. Dank einem Felsvorsprung waren wir auch vorm Regen geschützt. Die Temperaturen erlaubten es uns ohne Zelt zu schlafen, so konnten wir jeden Abend die Sterne beobachten oder Kletterern zusehen, die nachts noch mit Scheinwerfer ihre Wege durch die Routen in der Wand suchten. Jeden Morgen fuhren wir dann wieder in die Innenstadt, um der Weltspitze der jungen Kletterer zuzusehen (viele Kletterer aus dem asiatischen Raum waren besonders stark, daher können wir die Japanische Hymne nun auch auswendig 😀 ).

Nach etlichen Tagen mussten wir dann doch weiterziehen. Wir radelten Richtung Brixen, Sterzing und dann hoch hinauf auf den Brenner. Südtirol war eine einzige Augenweide – es schien, als gäbe es hier einen unausgesprochenen Machtkampf, wer die prunkvollsten Balkonblumen züchten könne.Generell war unsere Zeit auf den letzten Kilometer in Südtirol besonders schön: es gab Trinkwasser entlang der wirklich tip top ausgebauten Radwege, Radfahrerraststätten und alle Leute redeten mit diesem unglaublich herzigen Dialekt. Selbst wenn Mütter ihre Kinder schimpften hatte man das Gefühl, man möchte diese Leute gern umarmen weil sie so entzückend sprachen (so beispielsweise in einer von uns mitverfolgten Szene in einem Kaufhaus. Die Mutter zum Kind: „Iaz wiasch ja wohl amol folgen du kloana Lausabengl“). 😀 Es war auch recht amüsant, wenn wir andere Radfahrer trafen und gefragt wurden, wo wir den herkommen. Mit der Antwort „Eigentlich sind wir jetzt von Indien heimgefahren“ hat keiner sorecht gerechnet.

Die letzt Nacht in Italien schliefen wir in einem kleinen Unterstand kurz vorm Brenner-Pass. Wir badeten in einem kalten Gebirgsbach und kochten uns Fertigsuppe (wie schon öfters betont, wir konnten Reis und Gemüse einfach  nicht mehr ertragen, und die Fertiggerichte waren eine willkommene und schnell zubereitete Abwechslung). Als wir am Folgetag am Brenner ankamen, kam uns der Anstieg kaum der Rede wert vor, nach all den Strapazen im tadschikischen Gebirge. Aber es war ein besonderer Moment, auf den wir ein Jahr lang zugefahren sind, auch wenn etliche Umwege mit dabei waren. Ein kleiner Grenzstein markierte die Grenze zwischen Italien und Österreich, und schon fetzten wir die Abfahrt Richtung Innsbruck hinunter. Dort angekommen mussten wir eine Entscheidung treffen. Dominiks Mutter würde in 2 Tagen in den Urlaub fahren und erst in 14 Tagen wieder kommen, dies haben wir zuvor nicht gewusst. Eigentlich wollten wir unsere Familien mit der früheren Ankunft überraschen, doch der Gedanke daran, dass wir Domis Mutter um einen Tag verpassen würden, ließ uns keine Ruhe. Also stiegen wir in Innsbruck in den Zug, um unsere Heimfahrt um einen Tag zu verkürzen. In Salzburg angekommen erwartete uns schon unsere langjährige Freundin Sonja mit einem Willkommensschild und wir mussten die ersten Tränchen verdrücken (okay, Berni musst ein paar Tränchen verdrücken 😀 ). Wir aßen einen Falaffelkebab beim Aganigi Naganigi im Stadtzentrum (so, wie wir es uns schon in Kasachstan ausgemalt hatten) und fuhren dann zu Sonja, wo wir die Nacht verbringen konnten. Am frühen Morgen ging es dann weiter nach Linz, entlang schöner Radwege und Seen. In Linz konnten wir bei Bernis Freundin Marlies schlafen, die ein tolles Abendessen für uns gekocht hatte. Wir sind also am Weg schon mehrmals „Heimgekommen“, und das war ein schönes Gefühl. Apropos Gefühle: Diese waren am Heimweg durchaus auch gemischt. Hatten wir nun ein Jahr im Zelt hinter uns, so war der Gedanke an ein Bett durchaus auch etwas ungewohnt. Oder wie würde es sein wieder voll im Alltag zu leben? Unsere Schweizer Fahrradfreundin Andrea hatte diesbezüglich einmal etwas kluges gesagt: Zuhause beginnt einfach ein neuer Teil der Reise.

Von Linz aus ging es dann direkt nach Wieselburg, zu Dominiks Mutter. Diese hatte schon Wind von unserer Rückkehr bekommen, der Zeitpunkt der Ankunft war aber noch unklar. So stand sie nichts ahnend im Garten und pflückte Tomaten, als wir unsere treuen Fahrräder vorm Haus parkten. Die Überraschung war groß, und wir freuten uns auf diesen Abend mit gutem Essen und vielen Geschichten von zuhause.

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Am letzten Tag unserer Reise passierte etwas, das uns auf der gesamten Reise nicht passiert war: wir hatten uns im Abschnitt zwischen Wieselburg und Gresten komplett verfahren. Als wir durch Wieselburg fuhren glaubten wir zu wissen, einen kleinen Fahrradweg nach Randegg nehmen zu können. Als wir durch kleine Orte kamen, etliche Hügel rauf und wieder runter, meine Dominik: Seit wann gibt es hier einen Hofer? Naja, wir waren in Purgstall gelandet, wo wir doch eigentlich in Randegg noch Bernis Großeltern und Verwandte besuchen wollten. 😀 Wie uns das passieren konnte, ist uns bis heute ein Rätsel.

So fuhren wir das letzte Stück über Feichsen und Reinsberg nach Gresten. Und dann waren wir plötzlich da, schneller als erwartet. Unsere Freunde Tobi und Leonie kamen uns schon mit den Fahrrädern entgegen, was für eine Freude die beiden wieder zu sehen! Gemeinsam fuhren wir die letzten Meter nachhause, wo schon unsere Familie auf uns wartete. Einen kleinen Gag mussten wir uns aber auch noch leisten. Da in Bernis Familie schon gemunkelt wurde, ob nicht eine etwaige Schwangerschaft der Grund der verfrühten Heimreise sein könnte, stopfte sich Berni den Bauch unter der Jacke aus, ein verspäteter Aprilscherz eben. Die Augen von Mutter Veronika wurden recht groß als wir von den Fahrrädern abstiegen, sie sagte aber kein Wort. Erst als die anderen den Scherz erkannten, gab es ein erleichtertes Aufatmen 😀

So endete also unser Abenteuer. Heute denken wir oft zurück an den Anfang, als wir uns fragten, wie wohl alles werden würde. Werden wir immer gute Schlafplätze finden? Werden wir immer genug zu essen haben? Oft denken wir an die Szene der ersten Tage in Indien zurück, als Dominik gleich zu Beginn von einem schlimmen Magen-Darm-Infekt heimgesucht wurde und uns eine alte Indische Oma warmherzig umarmte, mit dem Gefühl, dass alles gut werden würde. Bei all den Schrecklichkeiten die auf der Welt so passieren mögen wurde uns doch das Gefühl vermittelt, dass überall Mütter, Väter, Großeltern wohnen, die sich um ihre Kinder sorgen und kümmern, und so auch in weiterer Folge um uns. Man muss bestimmt auf so einem Trip einiges in Kauf nehmen, man bekommt aber auch unendlich viel zurück.

Worauf wir uns auf der Reise definitiv am meisten gefreut hatte war das gute Essen zuhause, die große Auswahl an allem was man so in den Supermarktregalen findet und Leitungswasser, dass man auch tatsächlich trinken kann. Wir sahen die Häuser zuhause und die Infrastruktur nun auch etwas mit anderen Augen. Könnte ein Bergdorfbewohner aus Tadschikistan unsere Häuser hier sehen müsste er denken, wir sind alle steinreich. Dieser Lebensstandard den wir hier haben ist keine Selbstverständlichkeit, und das wird einem auf so einer Reise unmittelbar bewusst. Die meist übermäßigen Regelungen in unserem System werden oft als nervig empfunden, wobei wir diese sehr zu schätzen gelernt haben. Dies beginnt bei „A“ wie „Abgaswerte einhalten müssen“, und endet bei „Z“ wie „Zukunftsperspektiven durch Bildung erhalten“.

Wir bedanken und bei allen, die uns auf unserer Reise unterstützt haben, und auch bei jenen, die unseren Blog so aufmerksam verfolgt haben. Wir hoffen, wir konnten ein authentisches Bild solch einer Reise vermitteln, und wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann eine Fortsetzung … 🙂

Griechenland

Sommer, Sonne, Sonnenschein

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Wieder veränderten sich merklich Kultur und Menschen. Wir wurden früh morgens nicht mehr vom Muezzin geweckt, sondern von Kirchenglocken oder dem Rauschen des Meeres.

Wir wählten eine Route entlang der Küste, welche es uns möglich machte, jeden Tag am Meer zu campen. Ehrlich gesagt hätten wir bei dieser Hitze ohne der Aussicht auf eine Abkühlung im Meer bestimmt nicht so durchgehalten, wie wir es haben. Die Temperaturen glichen einem Backofen, der auf Umluft eingeschaltet war. Immer wieder peitschte uns die heiße Luft ins Gesicht, während man sich Kilometer für Kilometer weiter fortbewegte. Wir waren so braun wie noch nie zuvor auf der Reise und hatten den größten Sonnencreme Verbrauch denn je. Denn seit wir Griechenland betreten haben, haben wir eine Mission: eine gleichmäßige Radlerbräune aufzubauen 😉 Warum dies so ist? Ganz einfach: Als wir die ersten Kilometer in Griechenland geradelt sind, kamen uns drei super gebräunte Radfahrer entgegen.

Als sie weg waren meinte Domi: „Soll ich auch oben ohne fahren? Dann wird meine weiße Hendlbrust vielleicht auch noch so braun“.

Darauf Berni: „Ja sicher. Glaubst du, ist es okay wenn ich auch im Bikinioberteil fahre zwecks Bräune?“

Kurze Nachdenkpause. Dann darauf Domi: „Ja sicher, immerhin sind wir jetzt in der EU“.

Apropos EU. Beim Grenzübertritt stießen wir mit Eiskaffee und Fruchtsaft an. Wir waren nun wieder in der EU. Vor fast einem Jahr sind wir von Indien aus aufgebrochen, nun sind wir schon wieder im Euroraum. Und den erste Preisschock bekamen wir auch gleich. In dem kleinen Lokal bei der Grenze zahlten wir für Eiskaffee und Fruchtsaft soviel wie in Tadschikistan für ein ganzes Mittagessen mit Tee und Kaffee obendrein. Trotzdem wurden wir etwas sentimental und mussten sogar ein paar Tränchen verdrücken. Okay, nur Berni vergoss ein paar Tränen, aber wir waren beide gerührt – Österreich war jetzt schon so nahe! Und wo wir schon beim Essen sind – wie Sie, liebe Leserinnen und Leser dieses Blogs vielleicht schon mitbekommen haben, ist das Essen ein zentrales Thema unter uns Radfahrern. Wie schon im letzten Eintrag beschrieben, konnten wir nach so langer Zeit unseren Campingkocher-Klassiker „Reis mit Gemüse“ kaum mehr sehen. In Griechenland switchten wir dann zu einer Ernährung, die aus Müsli mit Milch und Obst bestand – dies war auch der Hitze geschuldet, die die Lust auf warmes Essen fast gänzlich zu nichte machte. Da wir die Milch am Fahrrad nicht kühlen konnten, verspeisten wir unsere Mahlzeit immer gleich vorm Supermarkt.

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Wir wurden von der Schönheit Griechenlands in den Bann gezogen – blitzblaues Wasser, saubere Strände und Campingmöglichkeiten soweit das Auge reicht. Mussten wir im extrem dicht besiedelten Südostasien bereits am frühen Nachmittag nach geeigneten Campingmöglichkeiten Ausschau halten, so gab es hier so viele Möglichkeiten zum Zelten. Wir erfanden eine neue Konstruktion, um das luftigere Innenzelt zwischen unseren Fahrrädern aufzustellen – die Strandversion unseres Zeltes eben 😉

In Griechenland lernten wir aber auch die Seiten abseits der unbeschwerten Touristenhotspots kennen. Kilometerlange, leerstehende Gewerbeparks. Teils sehr modern wirkende Fabriken, Geschäfte und Lagerhallen – alle verlassen. Dies ist auch das Besondere am Radreisen, man kommt nicht nur in große Städte, sondern erlebt auch hautnah die Situation an entlegeneren Orten. Wie in jedem von uns bereisten Land versuchten wir uns über die politische Situation und die Geschichte zu informieren. Wir lasen daher viel über die Wirtschaftskrise, welche noch immer in diesem Land stark zu spüren ist. Eines Abends trafen wir an einem kleinen Strand ein junges griechisches Pärchen. Der Mann sprach uns auf Deutsch an. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte uns, dass er vor zwei Jahren nach Deutschland gegangen sei. Er betreibe dort nun mit Verwandten ein Restaurant mit deutschen und griechischen Speisen. Es dauerte eine Weile, bis wir uns trauten die Fage zu stellen, ob er aufgrund der Wirtschaftskrise gegangen sei. Er erklärte uns, dass er hier keine Perspektive hatte. Es gibt sehr wenig Arbeit, die meisten arbeiten hier für den Mindestlohn, welcher rund 300€ beträgt. Seit der Krise gibt es keine staatlich geregelte Krankenversicherung mehr. Seine Freundin sieht er nur jetzt im Urlaub. Sie hat bereits ein Kind, findet aber keine Arbeit. Das Kindergeld beträgt lediglich 70€ im Monat. Es gehe ihm nun in Deutschland finanziell besser, er vermisse aber das Meer und seine Heimat Griechenland sehr. Dieser Betrag ging uns nicht mehr aus dem Kopf… 300€ Lohn, wobei die Lebensmittel gleich viel kosten wie bei uns. Wir tauschten unsere Kontakte aus und vereinbarten, mit dem Fahrrad einmal eine Tour zu ihm in sein Restaurant in Bayern zu machen.

Nach dieser Begegnung am Strand lernten wir noch einen argentinischen Radreisenden kennen. Sein Reiserad war ein richtiger Hingucker, denn er fuhr ein Klapprad. Wir konnten uns so gut wie nicht verständigen, doch wie fast immer verstanden wir auch ohne Worte, was gemeint war. Wir campierten eine Nacht gemeinsam auf einem Spielplatz, bevor unser argentinischer Kollege am nächsten Morgen mit dem Zug weiterfuhr (Klapprad sei Dank 😉 ).

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Nach fast zwei Woche radeln und zelten am Meer sollte unsere Route ins Landesinnere führen. Immerhin mussten wir in die Hafenstadt Patras im Osten des Landes, um unsere Fähre nach Italien zu erwischen. Bereits am ersten Tag vernab vom Meer wurde uns klar: so geht das nicht. Wenn man permantent schwitzt und schon die Salzränder an der Kleidung sieht, sich obendrein wie ein Essiggurkerl fühlt weil die Haut selbst vom Schwitzen so salzig ist, dann muss man sich eingestehen, dass Radfahren in dieser Hitze OHNE Aussicht auf ein kühles Bad im Meer nicht besonders spaßig ist. Wir suchten nach einer Lösung für unser Problem. Und schon war die Idee geboren einen Zug nach Athen zu nehmen, um dann erneut die Küste im Süden entlang nach Patras zu fahren. Wir waren zuerst etwas skeptisch, sollten wir es nicht einfach durchziehen ein paar Tage ohne Wohlfühlfaktor Baden auszukommen? Aber dann stellten wir uns auch die Frage „Wie schnell kommen wir überhaupt wieder in die Gelegenheit, diese kulturell sehr beeindruckende Stadt Athen zu besichtigen?“ Mal ganz davon abgesehen, dass wir dann wieder an einer Küste entlang fahren könnten 😉 Als dann Dominik permanent sein selbst erfundenes Lied mit dem sich immer wieder wiederholenden Text „Athen, Athen, Athen – Athen musst du sehn’“ sang, und somit alle Zweifel bereinigte, stiegen wir in den Zug und besichtigten die Hauptstadt. 🙂

Und dann ging alles sehr schnell. Nach unseren zur Routine gewordenen Tagesabläufen – Baden im Meer, Frühstücken, Radfahren, Baden und Schlafen gehen – waren wir plötzlich in Patras angekommen. Obwohl wir für diese Fähre gleich viel bezahlt hatten wie für die Fähre übers Kaspische Meer, war diese Fähre hier nach Italien schon eine ganz andere Liga. Auf dem Deck gab es zwei Swimmingpools und ein Restaurant – also nicht zu vergleichen mit unserer ersten Fährenerfahrung.Wir haben die günstigste Variante gewählt und schliefen auf dem Deck des Schiffes auf Strandliegestühlen ohne Dach über dem Kopf. Daher war es nachts empfindlich kalt und der Wind pfiff uns gewaltig um die Ohren. Aber auch das war schnell vergessen, denn nach knapp 2 Nächten gingen wir in Venedig an Land, und nun sollte der letzte Teil unserer Reise anbrechen.

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Türkei

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Bei der Einreise in die Türkei fielen uns sofort die tollen, breit ausgebauten Asphaltstraßen auf. Diese waren obendrein auch noch radfahrerfreundlich – mit einem gut markierten breiten Streifen exklusiv für uns Menschen auf Drahteseln. Viele Türken hupten und winkten uns aufmunternd zu, als wir schwitzend den ersten Berg nach dem Grenzübergang hochradelten. Abgesehen von diesen vielen schönen Begegnungen erlebten wir auch noch etwas anderes… Dieser Tag würde für uns in die Reisegeschichte eingehen als der Tag, an dem Berni einen „Hundfall“ (= Hund+Unfall) erleiden würde. Wie ist es also dazu gekommen? Wir fuhren nichts ahnend eine Landstraße entlang, als wir plötzlich lautes Hundegebell von einem Fabrikgelände her hörten. Schon fetzte ein groß ausgewachsener Hund auf uns zu. Er näherte sich in Windeseile, bellte aggressiv und machte nicht den Eindruck, also ob er nur auf ein Leckerlie zu uns verbeikommen wollte. Obwohl wir in solchen Fällen normalerweise anders handeln (also stehen bleiben und das Fahrrad schieben, da das Treten in die Pedale die meisten Hunde nur noch aggressiver macht), radelten wir so schnell wir konnten die Straße weiter. Der Hund kam immer näher, bellte laut und fletschte seine Zähne – wir traten fester in die Pedale und heizten unbeabsichtigt die Hetzjagd nur noch mehr an. Als Berni den Atem des Hundes schon förmlich an ihrer Wade spüren konnte, rutschte sie halb vom Sattel herunter und befand sich nun in einer Art Damensitz. Diese Sitzposition währte nicht lange, denn dann kam plötzlich ein Straßenschild ziemlich nahe… zu nahe… Kurz gesagt, die Hetzjagd endete damit, dass Berni frontal in ein Straßenschild bretterte, und im Straßengraben samt Fahrrad zu liegen kam. Da war auf einmal auch der Hund sprachlos und still. Er schaute etwas ratlos – hatte sich seine Beute wie es aussah einfach selbst erlegt. Nach „getaner Arbeit“ zog der Hund also ab und ließ uns beide zurück. Fahrrad und Fahrerin waren glücklicher Weise wohl auf, doch ein blauer Fleck blieb als Andenken am Oberschenkel lange bestehen.

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Dieser Zwischenfall blieb aber nicht die einzige Action an diesem Tag. Dominik hat einen guten Riecher, was das Auftreten von Gewitter betrifft (oder er hatte einfach an diesem Tag zufällig den Wetterbericht gelesen). Es wurde nämlich eine 100 prozentige Gewitterwahrscheinlichkeit prognostiziert. Da wir am Abend an einem wunderschönen See vorbeifuhren und die Sonne uns wahrlich ins Gesicht lächelte, hatten wir sogar noch eine Diskussion, ob wir nicht doch campen sollten. Die Schlaf-Verhandlungen in Kurzform:

Berni: Es ist strahlend blauer, wolkenloser Himmel, da kann doch nicht jetzt einfach ein Gewitter kommen.

Domi: Doch, kann es.

Berni: Aber am See ist es so schön.

Domi: Trotzdem.

An diesem Abend war die nächste Stadt zu weit weg, um eine Unterkunft zu finden. Glücklicher Weise gab es am See ein Restaurant mit kleinen Holzhütten, die vermietet wurden. Wir checkten also vorsichtshalber ein. Als wir gegen 17 Uhr unsere Fahrräder auf der überdachten Terrasse in Sicherheit gebracht hatten, sahen wir eine dichte Wolkenfront auf uns zukommen, die nichts gutes verheißen sollte. Innerhalb kürzester Zeit zog ein Gewitter über uns hinweg, welches unser Zelt bestimmt den Erdboden gleich gemacht hätte. Es schossen erbsengroße Hagelkörner vom Himmel, der Wind pfeifte nur so um unsere Holzhütte und dieses Spektakel wurde von Donner und Blitzen begleitet. Wir waren heilfroh, nicht irgendwo draußen zu sein. Glücklicher Weise sollte es die letzte Gewitternacht für längere Zeit bleiben.

Die Türkei ist unter Radfahrern ein sehr beliebtes Land. Wir schmiedeten also Pläne, wohin wir die noch verbleibende Zeit radeln wollten. Da es sich zeitlich nicht ausgehen würde, alle unsere Ziele mit dem Fahrrad zu erreichen, stiegen wir in einen Nachtbus. Der nächste Halt hieß Göreme Nationalpark im Herzen der Türkei. Da der Bus nicht direkt dort hinfuhr, hatten wir noch ein paar Tage am Sattel vor uns. Die Gastfreudschaft der Türken war wahrlich beeindruckend. Als wir uns einaml am Wegrand zum Mittagessen hinsetzten, steckte uns eine ältere Frau frische Salatgurken aus ihrem Garten durch den Zaun. Sie reichten uns sogar noch Schwarztee über den Zaun und luden uns zu sich in den Garten ein. Wir wurden gleich mit Küsschen auf die Wangen begrüßt und umarmt. Eines ist uns aber besonders in Erinnerung geblieben – jeden Tag wurden wir von mehreren Türken auf Deutsch angesprochen, auch wenn wir durch noch so ein kleines Dorf radelten. Eines Tages saßen wir zum Mittagessenkochen am Straßenrand im Schatten eines Baumes. Ein älterer Mann kam auf uns zu und erzählte uns von seinem Beruf in einer Zeitungsdruckerei in Deutschland. Nun sei er in Pension. Er hüpfte vor uns aufgeregt auf und ab und freute sich, uns in seinem Land begrüßen zu dürfen. Er meinte wir sollen kurz warten, er hole etwas aus seinem Haus. Beim Weggehen rief er uns mehrmals freudig zu: „Ich bin auch Deutscher, ich bin auch Deutscher!“. Als er zurückkam schenkte er uns einen Sack voll saftiger Mirabellen aus seinem Garten. Er meinte, wir brauchen den Zucker mehr als er, und rieb sich seinen rundlichen Bauch.

Wir hörten also täglich Geschichten von Menschen, welche uns auf perfektem Deutsch erklärten, was sie in Deutschland arbeiten oder gearbeitet hatten. Viele kamen nun in den Sommerferien auf Urlaub in die Türkei. Wir wurden viele viele Male auf Tee eingeladen. Hätten wir jedes Mal angenommen, wären wir bestimmt noch nicht in Griechenland angekommen. Aber wir haben es doch noch zeitgerecht nach Göreme geschafft und waren fasziniert von dieser Gegend. Hier waren viel Häuser in Felsen gebaut. Wir besichtigten auch eine unterirdische Stadt, die ein alter Mann vor vielen Jahren beim Umgraben in seinem Garten entdeckt hatte. Ein weiteres Spektaktel: Jeden morgen zum Sonnenaufgang starteten eine Vielzahl an Heißluftballons. Wir haben sie gezählt – an einem Morgen waren es mehr als 120 Stück!

Unser nächster Stop war Istanbul. Dominik legte sich so richtig ins Zeug und stellte eine eigene Stadtbesichtigungstour – exklusiv für Radfahrer – zusammen (das Pendant zu den Besichtigungstouren in Hop-on Hop-off Bussen) 😉 Dank den „Trimmel-Bicycle-Tours“, wie wir die Tour nannten, konnten wir viele berühmte Bauwerke, Moscheen und Museen besichtigen.

Viele hatten uns vor dem Stadtverkehr in Istanbul gewarnt und gemeint, wir sollten einen Bus aus der Stadt hinaus nehmen. Wir dachten uns, kann es wirklich schlimmer sein als zur Rush-Hour in einer indischen Großstadt zu fahren? – Das hatten wir schon, also „nein“. Daher fuhren wir mit den Fahrrädern aus der Stadt hinaus und lernten auf dieser Fahrt die deutsche Radreisende Carmen kennen. Wir verstanden uns auf anhieb sehr gut und beschlossen, außerhalb von Istanbul gemeinsam an einem Strand zu campen. An diesem Abend gesellten sich zwei ältere Fischer zu uns, wovon einer wieder sehr gut deutsch sprach. Er erzählte uns seine Lebensgeschichte. Als Jugendlicher wäre er nach Deutschland gekommen und habe dort die Schule abgeschlossen. Mit leuchtenden Augen erzählte er uns von seiner großen Liebe Beate, welche er dort kennengelert hatte. Er liebe sie immer noch, obwohl er sie schon 35 Jahren nicht mehr gesehen habe. Er musste als junger Erwachsener zurück in die Türkei, und kann es sich nicht mehr leisten nach Deutschland zurück zu gehen. Er ließt noch immer deutsche Bücher, um die Sprache nicht zu verlernen. Wir lauschten seiner Liebesgeschichte und spürten seine Trauer. Er sagte einen Satz, über den wir lange nachdenken mussten: „Die Türken lieben die Deutschen, aber die Deutschen lieben die Türken nicht“.

Uns wurde bewusst, wieviele Menschen sich ein Leben wie wir es haben wünschen. Wie gerne viele Menschen all die Chancen und Freiheiten genießen würden, die wir in unseren Westeuropäischen Ländern haben.

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Am Folgetag trennten sich unsere Wege mit deren von Carmen. Sie würde nach Bulgarien weiterradeln, und wir nach Griechenland.

Georgien

Feels like home…

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Unsere erste Nacht in Georgien verlief leider alles andere als gemütlich. Diese mal waren es zwar nicht irgendwelche Fake-Polizisten wie in Aserbaidschan, die uns wach hielten, sonden erneut ein starkes Gewitter. Da es schon mitten in der Nacht war und wir auch sonst nirgends hin konnten, befolgten wir Domis Trick und zogen uns den Schlafsack übers Gesicht. So verfielen wir nicht jedes mal in Angst, wenn alle paar Minuten die Blitze das Zelt mit grellem Licht erleuchteten. Leider konnten wir das laute Prasseln des Regens und den Donner nicht so leicht „ausschalten“…

Doch auch dieses Gewitter ging vorbei und wir radelten am Folgetag in die Hauptstadt Tiflis ein. Was sollen wir sagen, diese Stadt ließ wahrlich Urlaubsfeeling aufkommen – ebenso fühlte sich nun alles sehr vertraut an. Die Stadt erinnerte uns an Urlaubsorte in Italien oder Kroatien – kleine gepflasterte Gassen, gemütliche Kaffees und schöne historische Bauten. Als wir den ersten Supermarkt der Kette „Spar“ entdeckten, merkten wir endgültig, dass es nicht mehr weit ist bis nachhause 😉 Wir gönnten unseren Fahrrädern (und dem durch die Gewitter der letzten Nächte geplagtem Zelt) eine Pause und besichtigten die Stadt. Man muss ehrlich sagen, nach fast einem Jahr Campingkocher-Essen ist es für uns immer ein Highlight (auf das wir lange hinfiebern!) bei unseren Städteaufenthalten in Restaurants zu essen. Wir haben bereits unzählige, sich abwechselnde Varianten von Gemüse mit Reis oder Gemüse mit Nudeln gekocht, dass wir es langsam aber sicher kaum mehr sehen können. Wir könnten beim Kochen durchaus wieder etwas kreativer werden (was wir am Anfang der Reise auch waren), doch nach einem langen Tag am Rad hat man einfach Hunger und will möglichst schnell den Bauch voll bekommen 😉

Unser Zwischenstop in Tiflis verging gefühlt viel zu schnell, doch nun galt es, das Innland zu entdecken. Wir wählten eine Route abseits der großen Hauptstraße und flüchteten aus der Hitze der Hauptstadt in das Hochland Georgiens. Und mit Hochland geht auch einher, dass wir etliche schweißtreibende Stunden bergauf unterwegs waren. Aber all dies lohnte sich, denn die Nächte waren angenehm kühl. Wir entdeckten auch eine kleine traditionelle Bäckerei und konnten hinter die Kulissen blicken. Trotz sprachlicher Barrieren erklärte uns der Bäcker, dass er seine Fladenbrote in einem Holzofen bäckt, indem er den Teig an die Wand des runden Ofens klatscht. Wir konnten nicht widerstehen und kauften gleich ein paar knusprige Brote ein.

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Ein weiterer Vorteil unserer Route in Georgien war, dass wir jeden Abend an einem See zelten konnten. Von den nächtlichen Gewittern blieben wir auch verschont, doch in der letzten Nacht in Georgien demonstrierte uns der Wettergott nochmal sein Können. Wir waren gerade beim Zubereiten unseres Abendessens, als uns vor lauter Blitz und Donner der Appetit wieder verging. Wir hatten Unterschlupf in einer kleinen offenen Hütte (mit Metallpfeilern) am Waldrand gefunden – also nicht „the place to be“ bei einem Gewitter, ganz im Gegenteil. Wir stellten dann unser Zelt im nahegelegenen Wald auf. Das Gewitter zog glücklicher Weise vorbei, doch da wir in einem sehr großen Waldgebiet waren, fernab eines Dorfes oder einer Stadt, drängte sich in uns die Frage auf, ob es hier nicht Bären geben könnte. Wir konnten diese Frage nicht sicher mit nein beantworten, woraufhin Domi einen sehr professionellen „Bären-Schutz-Plan“ ausheckte. Als ersten Schritt verstauten wir unser Essen weit oben in einem Baum. Sollte uns ein Bär im Zelt angreifen wollen, würden wir zuerst mit unserem Taschenalarm für Verwirrung sorgen (und hoffentlich nicht die Aggression des Bären anheizen). Zeitgleich muss man sich die Stirnlampe aufsetzen und das Handy (für etwaige Notrufe) einstecken. Anschließend führte der Fluchtweg aus dem Vordereingang des Zeltes hinaus zum nahegelegenen, mit Bedacht ausgesuchten Baum, auf den wir dann flüchten würden. Dominik konnte innerhalb von 2 Sekunden leichtfüßig in den Ästen des Baumes sitzen, in bärensicherem Territorium also (sollte es sich nicht um einen kletterbegabten Braunbären handeln…). Für Berni waren die ersten Äste jedoch zu hoch, um überhaupt in die „Bärenschutz-Zone“ am Baum zu gelangen. Doch auch hierfür fand Dominik eine Lösung: ein großer Stein wurde am Fuße des Baumes als Stockerl platziert. 😉 Dieser Plan hört sich jetzt vielleicht wie ein nicht ernst gemeinter Scherz an, doch an diesem Abend haben wir tatsächlich diesen „Bären-Schutz-Plan“ einmal für den Ernstfall durchgespielt – und Gott sein Dank blieb es diese Nacht auch nur beim Trockentraining.

Anmerkung: Beim Verfassen dieses Textes erklärte Dominik, also gut einem Monat nach dieser Nacht, dass er im Wald Spuren gesehen habe, die wie die Tatzen eines Bäres aussahen. Er habe es in jener Nacht nicht erzählt, um nicht noch mehr Angst zu schüren. Also war unser Schutzplan vielleicht tatsächlich berechtigt.

Usbekistan, Kasachstan, Aserbaidschan

Es kommt anders als geplant…

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Unsere letzten Tage in Tadschikistan waren geprägt von Routenplanung und Visumsbestimmungen auskundschaften. Kurz bevor wir Duschanbe, die Hauptstat von Tadschikistan, erreicht hatten, haben wir bereits unsere E-Visa für den Iran beantragt. Als wir dann in das Green House Hostel (ein beliebtes Radfahrer-Hostel) in Duschanbe eincheckten, erreichte uns die erschreckende Nachricht – Bernis Visumsantrag für den Iran wurde abgelehnt (wohingegen Dominik das Visum bekommen hätte). Grund der Ablehnung: Ein dreizeiliger Text auf Farsi… Na toll! Da wir beide mit der Übersetzung etwas überfordert waren, halfen uns andere Rad- und Motorradreisende, den Text zu entschlüsseln. Wir sollten das Visum erneut beantragen, aber dieses mal über eine Reiseagentur. Wir entschieden uns aus etlichen Gründen gegen einen erneuten Antrag: Über ein Reisebüro hätten wir zusätzliche Kosten zu tragen, ebenso müssten wir wieder knapp eine Woche auf den Bescheid warten. Auch die politische Situation war und bleibt aufgrund der Konflikte mit den USA angespannt und viele der schönen Fahrradstecken verlaufen durch Wüstenregionen, die nun durch die Hitze des Hochsommers kaum zu beradeln sind. Und wenn wir das Iranvisum erst in der Tasche hätten, wäre dann noch das Visum für Turkmenistan zu beantragen – das für alle Reisenden ein Mysterium ist. Man bekommt gegnerell nur ein Transitvisum für 5 Tage, und ob man es tatsächlich erhält, weiß niemand so genau. Manche munkeln, man darf auf dem Passbild keinen Bart tragen, andere vermuten, dass auf der Visabehörde zwei Menschen sitzen – ein fröhliches Mädchen, welche alle Anträge bestätigt, und ein alter grimmiger Mann, welcher alle im Papierkorb verschwinden lässt (so viel zu einer Verschwörungstheorie eines französischen Radfahrers, wessen Bescheid abgelehnt wurde). 🙂

Wir schmiedeten also einen Alternativplan – nämlich, mit der Fähre übers Kaspische Meer zu fahren. Gesagt – getan.

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In Duschanbe nahmen wir Abschied von unserer liebgewonnenen Fahrradkollegin Andrea aus der Schweiz. Die ersten Tage ohne ihr kamen uns doch etwas komsich vor, waren wir immerhin doch bereits gute drei Wochen zusammen am Pamir unterwegs gewesen.Wir vermissten vor allem ihre guten Tipps und Tricks bei Magen-Darm-Beschwerden, denn Dominik hatte es als „Grande Finale“ am letzten Tag in Tadschikistan nochmals erwischt… Somit legten wir eine dreitägige Pause ein. Der Hotelbesitzer brachte ihm ein paar dubiose Tabletten, von denen er drei nehmen sollte – „everything finish“ stellte er uns die schnellen Heilungschancen in Aussicht. Und tatsächlich, bald waren die bösen Geister endgültig im Klo hinuntergespült und wir radelten weiter nach Usbekistan.

Der Grenzübertritt ging schnell und unproblematisch von statten. Schon die letzten Tage hatte uns die Hitze ganzschön gefordert. Wir hatten Temperaturen um die 40 Grad, und im Flachland von Usbekistan spürten wir die Sonnenstrahlen besonders intensiv. Wir suchten uns also einen Zeltplatz am Fluss. Hier trafen wir auf etliche Dorfbewohner, welche mit ihren Kühen auf der Weide unterwegs waren. Am Abend kamen noch zwei junge Männer auf einem Pferd vorbei, welche zu unserer Überraschung (und im Gegensatz zu den anderen Dorfbewohnern) fließend Englisch sprachen. Dominik nahm gleich eine private Reitstunde und ritt „hoch zu Ross“ dem Sonnenuntergang zu. 😉

Wir besichtigten die kulturellen Hochburgen der Seidenstraße: Samarkand und Bukhara. Die wunderschönen Moscheen und Madressen waren wahrlich eine Augenweide. In Bukhara konnten wir über Couchsurfing in einer alten Karavanserei übernachten. Dort nächtigten noch drei weitere Radfahrer aus Frankreich. Wie immer wurde die Nacht fast zu kurz, da wir viele Infos über den Radfahreralltag auszutauschen hatten. Nach unserem Besuch in Bukhara entschieden wir uns, die Wüstenstrecke des Landes mit dem Zug zu überspringen. Die Hitze drückte schon so unerbittlich in diesem Teil des Landes, und von anderen Radfahrern hatten wir gehört, dass es Richtung Norden nach Kasachstan noch schlimmer werden soll. Wir freuten uns also über die Abwechslung und einmal auf den Schienenverkehr umzusteigen.

Ob wir durch diese Methode der Hitze wirklich entgangen sind, wagen wir zu bezweifeln. Im Zug vermissten wir umso mehr den kalten und frischen Wind des Pamir-Gebirges. Man könnte sagen, so fühlt man sich, wenn man als Tiefkühlpommes aus dem Gefrierschrank direkt in die Fritteuse wandert. Wir fuhren mit einem alten russischen Zug, welcher über keine Klimaanlage verfügte. Dafür gab es auf jedem Gang einen alten Wasserkessel mit heißem Teewasser, der perfekte Drink für diese Sauna-Temperaturen. Der sehr launische Schaffner hätte der Saunameister sein können, nur dass er den für uns alles entscheidenden Satz nicht gesagt hatte: „Wem zu kalt ist der rutscht eine Reihe höher, wem zu warm ist der kommt eine Reihe weiter hinunter und natürlich kann man die Sauna JEDERZEIT VERLASSEN“ (hmm.. leider nicht). Aber noch ein paar Worte zum Schaffner: Man muss sich vorstellen, wir beide standen mitten in der Nacht (der Zug ging um Mitternacht) voller Vorfreude am Bahnhof. Im Gepäck – natürlich unsere vollbepackten Fahrräder. Die Zugtickets hatten wir bereits am Vortag beim Ticketoffice gekauft. Die Dame am Schalter hatte uns mehrere Male versichert, dass die Fahrradmitnahme problemlos und kostenlos sei. Nun, in besagter Nacht wollte uns der besagte Schaffner einfach am Bahnsteig stehen lassen, weil wir zwei Fahrräder dabei hatten. Nach langer gestenreicher Diskussion (er kein Englisch, wir kein Russisch), konnten wir die Fahrräder verladen. Doch von Nachtruhe im Zug war keine Spur. Er bestellte uns beide mehrmals in sein Kämmerchen und wollte 50 Dollar für die Fahrräder kassieren. Wir blieben aber stur, da wir von der Verkäuferin beim Ticketschalter und von anderen Radfahrern wussten, dass die Mitnahme kostenlos sei. Der Schaffner drohte uns sogar, die Fahrräder beim Fenster hinauszuwerfen. Als wir ihm mehrmals verständlich machten, dass wir einfach das Ticketoffice anrufen würden, lenkte er endlich ein und ließ uns schlafen (nachdem er es mit einer Zahlung von 20 Dollar nochmals probiert hatte…).

In Kasachstan wurden wir vom Glück geküsst, denn die Fähre war zufällig genau an dem Tag zur Abfahrt im Hafen, an dem wir ankamen. Zur Erklärung: Es gibt im Internet anscheinend einen Fahrplan zur Fähre am kaspischen Meer, doch dieser stimmt nicht mit der Realität überein. So haben wir schon von etlichen Radfahrern gehört, dass manche ganze sieben Tage am Hafen auf die Fähre gewartet haben. Wir haben natürlich alle Ratschläge beherzigt und einen Essensvorrat für mehrere Tage angehäuft. Diesen Vorrat konnten wir aber auch ohne Wartezeit am Hafen gut gebrauchen, da die Essensportionen an Board für unsere Radfahrermägen zu klein war ;-).

Nach drei Tagen auf hoher See und einer guten kühlen Briese gingen wir in Aserbaidschan an Land – back to the heat. Wir waren also wieder in der vollen Sommerhitze angekommen. Die erste Nacht schlugen wir unser Zelt auf einem Kreisverkehr nahe des Hafens auf. Als in der Nach ein Polizist vorbeikam meinte er nur lachend: „Your private hotel“. Alles in allem waren wir von der Gastfreundschaft der Menschen in Aserbaidschan überwältigt. An einem heißen Radeltag in der prallen Sonne schenkte uns ein Autofahrer zwei Liter kaltes Wasser, ein Melonenverkäufer schenkte uns im vorbeifahren zwei Zuckermelonen, ein Eiswagen schob extra zu uns zurück, um uns zwei Eis am Stiel aus dem Kühlwagen zu reichen und eine Familie im Auto blieb bei uns stehen, um uns nach einem gemeinsamen Fotoshooting eine Packung Kekese zu schenken – und das alles wie gesagt an einem einzigen Tag!

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Leider waren unsere Tage in Aserbaidschan nicht immer so rosig. So hatten wir unseren ersten gröberen nächtlichen Zwischenfall in der zweiten Nacht in diesem Land. Wir schlugen unser Zelt in einem kleinen Dorf auf, gleich neben einen schmalen Fluss. Da es am Abend noch hell war, kamen etliche Dorfbewohner vorbei, um zu sehen, was wir hier machten. Alle grüßten uns freundlich und auf die mit Gesten und ein paar Brocke Russisch gestellte Frage, ob wir hier zelten können, nickten uns alle freundlich zu. Auch ein junger Mann im Alter von 26 Jahren stellte sich mit zwei von seinen Freunden bei uns vor. Wir verständigten uns, wie so oft, mit Händen und Füßen. Als es dann zu dämmern begann, legten wir uns ins Zelt. Die nächtliche Ruhe währte aber nur bis Mitternacht, als wir in der Dunkelheit Stimmen hörten. Es waren die drei jungen Männer, die wir am Abend schon kennengelernt hatten. Sie tuschelten untereinander, und nach wenigen Augenblicken klopften sie an unser Zelt. Anfangs versuchten wir sie zu ignorieren. Die Männer ließen aber nicht locker, also steckte Domi den Kopf beim Zelt hinaus. Sie fragten uns, ob alles okay sei – wir antworteten mit „ja“. Sie schenkten uns daraufhin eine Zuckermelonen und gingen wieder weg. Sie tuschelten aber weiterhin neben unserem Schlafplatz, und plötzlich schüttete jemand Wasser auf unsere Zelt. Wir hörten nur wie sie lachend davonliefen. Wenige Minuten später kamen die drei wieder angetanzt. Nun sagten sie lautstark „Hello, hello. Police, Police“. Dominik ging entnervt vor das Zelt. Nun wollten sie uns weiß machen, dass einer der drei ein Polizist sei, nur weil er uns ein Foto von sich in seiner Militäruniform auf dem Handy zeigte. Domi meinte, dass wir einen Ausweis sehen wollen und er außerdem in T-Shirt und Badeschlapfen vor uns stünde, also keine Uniform an habe. Er verschwand daraufhin und kam wenige Minuten später mit einem Ausweis (was für ein Ausweis das war wissen wir bis heute nicht genau) und seiner Militärjacke und einer Militärkappe am Kopf zurück. Wir spielten das Spiel also mit und gaben ihnen unseren Reisepass, aber nicht das Original, sondern unseren Zweitpass, den wir für das Chinavisum gebraucht haben. Dann begann er ohne zu fragen Domi bei der Hüfte abzutasten, um ihn auf Waffen oder weiß Gott auf was zu durchsuchen. Domi währte dies ab, doch der Mann fuhr fort. Und tatsächlich – er erwischte den Pfefferspray, den Domi sich sicherheitshalber in den Hosenbund gesteckt hatte. Wir sagten noch „stop“, aber kaum hatte er den Spray in die Hand genommen, hatte er auch schon abgedrückt. So hat er sich selbst und seinen zwei Kollegen ins Gesicht und auf die Hände gesprüht. Im ersten Moment waren alle mal perplex, dann wollten sie natürlich wissen, was das war. Dominik deutete auf den Fluss neben uns, und dass sie sich alles aus dem Gesicht waschen sollten – dies taten sie auch bereitwillig. Wir versuchten ihnen zu demonstrieren, dass wir diesen Spray für gefährliche Straßenhunde dabei haben. Einer der drei Männer interpretierte dies etwas anders und legte sich seine eigene Story zurecht – er dachte, dies sei ein Moskitospray (wir ließen ihm in diesem Glauben und Domi bestätigte die Moskitospray-Theorie, wodurch sie uns den Pfefferspray wieder gaben). Die Situation spitzte sich allmählich zu und dann wollten die Männer noch, dass Dominik mit ihnen mitgehen soll. Als wir verneinten wollten sie Geld von uns. Wir verneinten erneut und meinten, dass wir nun wirklich die Poliziei anrufen werden. Zu unserem Glück kam in diesem Moment ein älterer Mann, der vermutlich ein Bewohner der naheliegenden Häuser war. Er schimpfte mit den Männern und bestand darauf, dass sie sich bei uns entschuldigen sollen. Die Männer kamen also mit geduckten Köpfen zu uns und gaben uns zur Entschuldgung die Hand. Danach zogen sie alle ab. Doch als wir erleichtert ins Zelt schlüpften, hörten wir erneut einen Krach. Domi kletterte wieder aus dem Zelt und sah auf der rund 30 Meter entfernten Straße eine Schlägerei mit ungefähr 7 Leuten – und dies mitten im Dorf um rund 2 Uhr morgens. Nun waren wir erst recht in Alarmbereitschaft – wir wussten ja nicht, was der Grund ihrer Auseinandersetzung war, und ob sie zu unserem Zelt zurückkommen würden. Wir haben nur vorher schon mitbekommen, dass der Mann im Militärjäckchen den anderen angedeutet hatte, dass er Probleme bekommen würde wenn wir die Polizei rufen – veillecht ein möglicher Grund? Jedenfalls packten wir gleich eine Notfalltasche mit allen wichtigen Utensilien, dass wir bei einer Rückkehr der Männer gleich davonlaufen könnten. Die Schlägerei wurde aber sehr schnell wieder aufgelöst, da etliche Anrainer aus den Häusern kamen und für Ordnung sorgten. Wir legten uns also wieder ins Zelt. Die Nacht verlief dann ohne Zwischenfälle, nur hörten wir immer wieder Schritte auf der anderen Seite des Flusses, woraufhin unser Puls immer in die Höhe schnellte. Wir begannen noch in dieser Nacht mit einer Reflexion der Geschehnisse – Was haben wir gut gemacht und was sollen wir bei einer ähnlichen Situation in Zukunft anders machen? Wir waren uns einig – die Kommunikation unter uns hat sehr gut funktioniert und wir haben bei jedem Schritt erstmal ruhig reagiert (auch wenn wir innerlich alles andere als ruhig waren).

Erst gegen 4 Uhr morgens war es dann wirklich still geworden und wir konnten noch ein paar Stunden schlafen. Das einzig schöne in dieser Nacht war, dass wir eine kleine Mitbewohnerin bekommen haben. Ein Babykätzchen hat sich zu uns gesellt und die Nacht auf unserem Innenzelt verbracht.

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Schon am nächsten Tag kam uns der nächtliche Zwischenfall wie ein böser Traum vor. Wir konnten auch schon über so manche Details lachen – zum Beispiel, dass sie den Pfefferspray für einen Moskitospray gehalten haben.

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Die restlichen Nächte in Aserbeidschan verliefen aber wie immer friedlich. Nur die letzte Nacht wurden wir von einem lautstarken Sommergewitter wach gehalten. Die Blitze erhellten das Zelt im Minutentakt, der Donner gröllte über uns dahin und heftige Regenschauer prasselten auf uns nieder. Nach dieser Nacht radelten wir auf die Grenze zu Georgien zu. Beim Grenzübertritt merkten wir erst, was wir die letzten Tage kaum gesehen haben – nämlich Frauen! In Aserbaidschan hatten wir den Eindruck, dass Frauen am öffentlichen Leben kaum teilnehmen. In den Cafes, den Restaurants, in den Geschäften, auf der Straße – wir bekamen so gut wie nie eine Frau zu sehen. Wir haben in Aserbaidschan bewusst einen Tag Ausschau gehalten, doch in den öffentlichen Einrichtungen am Land bekamen wir kaum eine Frau zu Gesicht, nur Männer.

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In Georgien änderte sich dies schlagartig – wir wurden gleich von einer weiblichen Grenzbeamtin in Empfang genommen. Schon auf den ersten Kilometern im neuen Reiseland fühlten wir uns pudelwohl und wir verbrachten 5 erholsame Tage in der Hauptstadt Tiflis. Mehr dazu gibt es dann aber im nächsten Eintrag!

Tadschikistan – Pamirhighway

Unterwegs auf der zweithöchsten Gebirgsstraße der Welt

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In Osch (Kirgistan) ist für uns der offizielle Beginn des Pamir-Highways. Auf diesen Abschnitt der Reise haben wir uns ehrlich gesagt schon am meisten gefreut. Doch bevor wir in Osch losradeln, verlängern wir unseren Aufenthalt in dieser Stadt noch spontan um weitere 2 Nächte (vielleicht, weil wir noch einmal gutes, abwechslungsreiches Essen genießen wollen, oder vielleicht eher, weil wir noch gutes Internet haben wollen, um die österreichischen innerpolitischen News mitzuverfolgen :-D). Somit verbrachten wir die letzten Tage in Osch vor dem ORF-live-stream und bewegten uns nur aus dem Zimmer heraus, um am Markt die letzten Einkäufe für die Einsamkeit des Pamirs zu erledigen. Am Bazar in Osch treffen wir zufällig zwei andere Radreisende, welche gerade den Pamir-Highway hinter sich gelassen haben. Sie erzählen mit läuchtenden Augen von der Zeit in Tadschikistan und empfehlen uns, unbedingt auch durch das Wakhan-Tal zu fahren. Das Wakhan-Tal ist ein Anschnitt des Pamirs, welcher im äußersten Süden Tadschikistans verläuft, abseits der Hauptroute. Er führt rund 300 km direkt entlang der afghanischen Grenze. Die Radfahrer erzählen uns von durchgehend schlechten Straßen, aber wunderschönen Landschaften. Mit ihrem „Vorgeschwärme“ haben sie uns von dieser Route überzeugt – das einzige große Fragezeichen jedoch war Bernis (teilweise) desolates Hinterrad… In den letzten Wochen waren zahlreiche Speichen gebrochen, und ob sie nun auch der Belastung von kilometerlangen Schotterpisten standhalten werden, blieb uns ein Rätsel. Aber wir würden es herausfinden.

Die meisten Radfahrer befahren den Pamir-Highway von West nach Ost, also von Duschanbe nach Osch. Wir starteten im Osten und hatten also ein relativ steiles Stück zu Beginn. Kommt man von der anderen Seite, hat man eine eher allmählichere Steigung zu den hohen Pässen, und dann zum Schluss eine steilere Abfahrt. Im Nachhinein betrachtet finden wir die Route, so wie wir sie befahren haben, recht gut – denn wir hatten den steilsten Part recht knackig in den ersten Tagen, und dann bis Duschanbe immer eine Tendenz bergab ;-).

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Am Weg zur tadschikischen Grenze kamen wir durch ein kleines Dorf. In einem Innenhof hörten wir Akkordeonmusik und singende Frauen. Voller Neugier steckten wir vorsichtig den Kopf durch das Tor, um zu sehen, was da drinnen los war. So schnell konnten wir garnicht schauen wurden wir eingeladen und waren Gäste dieses Festes, welches sich als Muttertagsfest entpuppte. Wir bewunderten die in Tracht gekleideten alten Damen und verfolgten einen traditionellen Tanz, welcher uns an tanzende Hühner erinnerte (ähnliche Armbewegung wie der Hühnertanz, welchen man aus den Faschingssendungen kennt 🙂 ). Am Weg zur Grenze trafen wir auch auf viele Hirten mit Schafherden, olympisch ambitionierte Schafe, welche sich für Stab-Hochsprung qualifizieren könnten (nur ohne Stab eben 😀 – siehe Bild)  und viele Kinder, die uns mit Fahrrädern begleiteten, oder am Straßenrand mit uns einschlugen.

In der letzten Stadt vor der tadschikischen Grenze (bereits auf rund 3200 Metern gelegen), bekam Berni dann starkes Kopfweh und leichte Übelkeit. Wir hatten uns im Vorhinein mit der Höhenkrankheit auseinandergesetzt und wussten, dass wir nun nicht mehr weiter aufsteigen sollten. Wir suchten uns daher ein lauschiges Plätzchen unter einer Brücke. Dieser Zeltplatz war insofern etwas besonderes, da wir ganz nebenbei noch unseren privaten Boulder-Platz hatten zum Klettern (das musste auch Berni trotz Kopfweh ausnutzen, aber nur kurz – dann ging es am Nachmittag schon ab ins Bett 😉 ). Am nächsten Morgen gab es dann zwei Überraschungen: Beim Aufwachen waren das Kopfweh und die Übelkeit verschwunden, und wir vernahmen ein Plätschern neben unserem Zelt. Berni meinte“ Seit wann hört man hier Wasser?“. Als wir aus unserem mobilen Haus herausblickten, sahen wir einen Fluss direkt neben uns. In den Bergen musste es wohl über Nacht stark geregnet haben. Dies ist unter anderem Dominiks größte Sorge beim Campen (seit Anbeginn der Reise), nämlich, dass wir an einem Flussbett von steigenden Wasserpegeln überrascht werden (was ihm auf seiner Donaureise auch fast passier wäre). Bis jetzt hat Berni diese Angst immer beschwichtigt – ab jetzt nicht mehr :-).

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An der Grenze zu Tadschikistan treffen wir zwei Radfahrer. Wir tauschten wir immer Erfahrungen aus, aber nicht nur Erfahrungen, sondern auch Tadschikisches/Kirgisisches Geld und SIM-Karten – eine Win-Win Situation 😉 Leider war es viel zu kalt um lange zu plaudern, daher düsten wir bald weiter. Nachdem wir den Ausreisestempel von Kirgistan im Pass hatten, gebann ein Abschnitt von 20km „Niemandsland“, bevor wir offiziell in Tadschikistan einreisen würden. Und was kann man in einem Niemandsland so erwarten? Eines auf jeden Fall nicht, nämlich gute Straßen… Die dortigen „Straßen“ glichen einem Schlachtfeld aus Matsch, Schnee, Eis und dazwischen schlängelten sich kleine Gebirgsbäche. Da es schon Abend wurde, und es stark zu regnen begann, schlugen wir unser Zelt auf. Obwohl es draußen Minusgrade hatte, schliefen wir ruhig und warm in unseren guten Schlafsäcken ein. Ruhig blieb es aber nur die ersten Stunden der Nacht, denn gegen Mitternacht begann draußen ein Schneegestöber, und Dominik erwachte als erster in dieser stürmischen Nacht. Das Rascheln des Windes am Zelt und das Rollen der Steine im daneben gelegenen Fluss glich laut ihm dem Knurren eines Wolfes… Somit wurde auch Berni aus dem Schlaf geweckt. Mit schlaftrunkener Gelassenheit wurde Dominik beruhigt und wieder zum Hinlegen bewegt. Erst am Tag danach konnte zugegeben werden, dass wir uns beide ganzschön gefürchtet hatten. Doch die Schrecken der Nacht waren schnell vergessen, denn wir waren in einem Winterwunderland erwacht. Rund 10cm Neuschnee umgaben uns und das Zelt. Die Zeltstangen waren gefrohren, somit mussten wir warten, bis die ersten Sonnenstrahlen das Zelt soweit erwärmten, um abgebaut zu werden. Um der Kälte zu entgehen setzten wir uns rasch in Bewegung. Die 20 km sollten sich dann als Ganztagesprojekt herausstellen. Wir hatten den 4300m hohen Pass vor der offiziellen tadschikischen Grenze noch vor uns, und die Straßen zwangen uns dazu, nahezu jeden Meter dieser Strecke zu schieben. Der Matsch quillte aus den Kotflügeln hervor, ummantelte die Bremsen und eigentlich jeden Teil unserer Fahrräder. In einem kleinen Haus vor dem hohen Pass legten wir eine Teepause ein, um für kurze Zeit aus den durchnässten Schuhen herauszuschlüpfen. Wir hätten vor Erschöpfung in dieser warmen Stube sofort einschlafen können, doch wir packten uns wieder zusammen, um uns die letzten Serpentinen zu dem Pass hochzuarbeiten. Überraschender Weise war die Stimmung an diesem Tag aber immer sehr gut. Wir freuten uns über diesen landschaftlich komplett anderen Teil der Reise und wurden von der Neugier angetrieben, wie es wohl auf tadschikischen Boden weitergehen würde. Nach einem Tag harter Arbeit waren wir dann endlich oben, und fuhren dann zur Grenzstation. Bei der Einreise trafen wir Reisende mit einem VW-Bus. Sie hatten keinen Allradantrieb und hatten schon Probleme, überhaupt aus dem Grenzpostenareal herauszufahren, ohne stecken zu bleiben… Wir wünschten ihnen alles Gute und hofften, dass sie diese Passage irgendwie doch geschafft haben!

Auf tadschikischer Seite besserten sich die Straßen dann doch wieder etwas, doch wir ratterten auf waschbrettartigen Schotterrillen dahin. Gegen Abend suchten wir nach einem Zeltplatz, als wir entlang einer Gebirgskette einen Schneesturm direkt auf uns zukommen sahen. Kurz darauf hörten wir schon die ersten Donner-Geräusche. Leider konnten wir keinen geschützten Ort ausfindig machen, daher mussten wir in windeseile unser Zelt auf einem flachen Sandfeld neben der Straße aufstellen. Dann ging alles sehr schnell. Der Wind zog auf, die Schneekörner prasselten auf uns ein und wir versuchten so schnell wie möglich unser Equipment ins Zelt zu bringen. Nach diesem Tag auf den schlechten Straßen verpulverten wir noch die letzte Energie beim ruck-zuck Aufbau des Zeltes. Nach dem Essen schliefen wir sofort ein und dem Himmel sei Dank zog der Sturm in eine andere Richtung weiter.

Am darauffolgenden Morgen waren wir wieder von Schnee umgeben. Wir verbrachten den Vormittag damit, unsere Fahrräder und Packtaschen zu reinigen. Geschlagene vier Stunden dauerte es, den Matsch von unserem Equipment herunterzuputzen. Danach radelten wir zum Karakul-See. Wir setzten uns in die Stube eines kleinen Restaurants und bestellten ein Abendessen. Da es schon später Nachmittag war, luden uns die Besitzer ein in der Stube zu übernachten. Wir nahmen dankend an und waren entzückt von dem kleinen Sohn der Familie. An diesem Abend erreichte uns eine besorgniserregende Nachricht in einer Whatsapp-Gruppe. Wir sind Teil einer internationalen Radfahrer-Whatsapp-Gruppe mit über 200 Usern. In Tadschikistan, und vor allem am Pamir, hat man so gut wie nie Internetempfang (nur in Ausnahmefällen). Wir bekamen die Nachricht herein, dass zwei Radfahrer auf der Strecke Karakul-Murghab vermisst seien. Wir wurden hellhörig, da diese Radfahrer nur eine Tagesetappe vor uns sein könnten. Wir gingen also durch den Ort und fragten bei verschiedenen Unterkünften nach, ob jemand die zwei Radfahrer gesehen habe. Niemand konnte uns Auskunft geben. Wir mussten also abwarten, ob wir sie am nächsten Tag einholen und treffen würden.

Der folgende Tag führte  uns über den höchsten Pass des Pamirs – den Ak-Baital-Pass auf 4655m. Beim Aufstieg trafen wir Reisende mit Wohnmobilen. Unter anderem begegneten wir auch einer Familie mit zwei Kindern. Diese hatten ein komplett eingerichtetes Holzhaus auf ihrem Truck dabei – wir waren „aus dem Häuschen“ vor Begeisterung! Wir plauderten mit den Eltern und winkten beim Wegfahren den Kindern im Holzhaus zu, welche von der Couch aus aus dem Fenster winkten. Danach trafen wir einen lettischen Motorradfahrer, welcher mit uns zu plaudern begann. Er wirkte etwas verwirrt und zurückhaltend, fuhr auch recht schnell wieder weiter. Uns beiden kam das alles komisch vor. Kurz danach kam ein weiterer Motorradfahrer, wie sich herausstellte der Kumpel des ersten Motorradfahrers. Dieser erzählte uns, dass der andere im „Niemandsland“ auf den Matsch-Straßen umgekippt sei, und das Motorrad auf seinen Fuß drauf gefallen sei. Der Fuß sei nun vermutlich gebrochen, doch sie mussten weiterfahren, um hoffentlich bald ein Krankenhaus zu finden!

Am Ak-Baital-Pass begann es wieder zu schneien. Die Straßen waren leider auch wieder schlechter und so brauchten wir zum Schieben der Fahrräder geschlagene 30 Minuten für einen Kilometer! Wir machten auch viele Pausen zwischendurch, und bemerkten ein Rudel von Tieren am Hang des Berges hinter uns. Wir konnten leider nicht genau sehen um welche Tiere es sich exakt handelte, aber sie bewegten sich so geschmeidig elegant wie Wölfe (nicht so, wie wir es von Gämsen oder Rehen gewohnt waren…). Wir nahmen also all unsere letzte Kraft zusammen, um den Pass etwas schneller zu erreichen. Wir drehten uns aber immer wieder um, um zu sehen, ob das Rudel uns folgen würde. Glücklicher Weise blieben sie uns aber fern. Rund 30km nach dem Pass schlugen wir dann unser Zelt neben einem Fluss auf (aber mit Sicherheitsabstand zum Wasser 😉 ). Es wurde zu unserer kältesten Nacht  (-15 Grad) – denn diese Nacht war sternenklar und am darauffolgenden Morgen war der Fluss komplett zugefrohren.

Betrachtet man die Stadt Murghab auf der Karte, so hat man das Gefühl, es sei eine große, gut ausgestattete Stadt. Tja, falsch gedacht.. Wir sahen auf unserer Karte drei Banken eingezeichnet, daher hatten wir damit gerechnet, in Murghab Geld abheben zu können. Als wir aber dann in Murghab ankamen, waren zwei der drei Banken geschlossen und es gab nirgends einen Bankomat. Wir hatten genau nichts mehr im Geldbörserl, außer die 20€, die uns Bernis Oma zu Weihnachten zukommen hat lassen. Doch in Bank nummer Drei wollten sie uns nicht einmal unser einziges Geld wechseln, sie hätten nur US-Dollar akzeptiert… Na toll! Wir – völlig hungrig und ausgepowert, den Tränen nahe (na gut, nur Berni war den Tränen nahe…) – standen am Straßenrand, planlos. Da kam plötzlich ein Tourist aus Kanada vorbei. Wir kamen ins Gespräch und erklärten ihm unsere missliche Lage. Der nächste Bankomat sei rund 10 Tagesetappen entfernt und wir haben nur Euros… Der Kanadier war so lieb, uns die 20 Euro in tadschikische Somoni zu wechseln – die erste Erleichterung. Wir kauften uns sofort einen Sack Kekse, um unser Blutzuckertief zu beheben. Dann war uns zwar schlecht, aber wir hatten wieder Energie, um unser Problem weiter anzugehen. In dem einzigen Hotel im Ort, dem Pamir Hotel, fragten wir nach, ob es eine Möglichkeit gebe, irgendwo Geld abzuheben – leider nein. Der Hotelrezeptionist war sehr freundlich und sprach sehr gut deutsch, was uns erneut aufatmen ließ. Er meinte, er würde uns versuchen zu helfen. Im Laufe des Tages kam ein älteres Pärchen aus Frankreich mit ihrem Wohnmobil beim Hotel an. Uns war die ganze Sache furchtbar unangenehm, doch uns blieb nichts anderes übrig, als die beiden nach Bargeld zu fragen. Sie waren bereit uns zu helfen und konnten uns 100 Euro in bar geben – genug, um die nächsten zwei Wochen Essen zu kaufen. Da wir in Murghab Internetempfang hatten, konnten wir ihnen „Onlinebanking sei dank“ das Geld auch sofort wieder rücküberweisen. Der Hotelrezeptionist tauschte uns die Euros dann noch in tadschikisches Geld um – somit waren wir wieder auf der sicheren Seite.

Es heißt, am Pamir hat fast jeder Magen-Darm-Probleme. Leider musste auch Dominik diese Erfahrung machen. In der Nacht in Murghab verbrachte er viele Stunden am Klo… Daher fuhren wir am nächsten Tag nur 10km aus der Stadt hinaus, um sofort das Zelt aufzuschlagen und einen Lesenachmittag in der Sonne zu verbringen. Wir nutzten also unseren Pausentag zum Wäschewaschen und Ausruhen. Wir hatten noch etwas Empfang und lasen mit Erleichterung, dass die zwei vermissten Radfahrer sich gemeldet hatten – ihnen war nichts passiert, sie hatten lediglich keinen Empfang gehabt.

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Der Folgetag hielt wieder viele Überraschungen bereit. Am Weg trafen wir einen älteren Mann, welcher von Slowenien bis nach Tadschikistan zu Fuß gegangen war. Er habe mehrere Etappen gemacht und sei dazwischen teilweise nachhause geflogen. Nun ginge er den Pamir – und zwar in 50 km-Tagesetappen! Wir waren sprachlos! Wir selbst schafften auf diesen Straßen teilweise nur 40-60 km pro Tag – und das mit dem Fahrrad! Er meinte, dass er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gehe, sehr ambitioniert unserer Meinung nach. Der Mann ging weiter und wir sahen hinter ihm eine Radfahrerin auf uns zukommen. Sie fuhr den Berg so locker leicht hoch, dass wir uns dachten, sie muss wohl sehr durchtrainiert sein. Als sie näher kam hörten wir das surrende Geräusch ihres Elektromotors. An diesem Tag lernen wir Andrea kennen, eine schweizer E-Bike Fahrerin, welche von Zürich nach Duschanbe gefahren ist. Sie ist dann nach China geflogen, um dort zu überwintern, und anschließend die Strecke wieder retour nach Duschanbe zu fahren. Dies war die Geburtsstunde unserer Pamir-Fahrradgruppe. Wir beschlossen also, gemeinsam weiterzufahren. Eigentlich hatte Andrea nicht geplant durch das Wakhan-Tal zu fahren, da sie auch nicht wusste, ob sie dort ihre Akkus für das Rad laden könnte. Doch es würde nur eine Strecke von rund 120 km unbewohnt sein, und da sie zwei Akkus hatte (mit einem Akku kam sie 100 km weit), war sie gleich überzeugt von dieser neuen Route.

Das Wakhan-Tal

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Wir zweigten also nun als Dreierteam von der Hauptroute ab und fuhren dem Pass entgegen, auf dessen Hinterseite das Wakhan-Tal lag. Es sollte der letzte Tag sein, an dem wir halbwegs gute Straßen gesehen haben… Es ging weiter auf Sandpisten und Schotterstraßen. Andrea fuhr meist voraus, um uns dann beim Schieben unserer Fahrräder zu helfen – wir waren sehr dankbar dafür! 🙂 Nach dem Pass erreichten wir die Militär-Kontrolle an der afghanischen Grenze. Unsere Reisedaten wurden aufgenommen. Nun begann ein wunderschöner und sehr besonderer Anschnitt. Beim Runterfahren wurde es immer grüner und grüner, die Temperaturen wurden immer angenehmer und die Dörfer des Wakhan glichen saftig-grünen Oasen in mitten der wüstenähnlichen Landschaft. Das Wakhan verläuft direkt entlang von Afghanistan, getrennt werden die beiden Länder lediglich von einem Fluss.

Wir brauchten 8 Tagesetappen durch dieses Tal, mit einem Pausentag in einem kleinen Homestay. Dieses Homestay war wunderbar – gute Duschen und gutes Essen! Zum Frühstück gab es drei verschiedene, selbstgemachte Marmeladen, knuspriges Brot und allerlei Köstlichkeiten. Was soll man sagen, uns „immer hungrigen Radfahrer“ kennt man wohl von anderen Reisenden herraus – wir drei aßen immer alles auf was am Frühstückstisch stand :-D. An unserem Pausentag gingen wir zu einer der vielen „Hot-Springs“, also eine der heißen Thermalquellen. Diese Quellen sind in einem Badehaus, welches einen Raum für Frauen und einen Raum für Männer hat. Die dort ansässige Bevölkerung nutzt diese Hot-Springs zum Duschen, da die wenigsten über heißes Leitungswasser verfügen. Wir hatten einen schönen Nachmittag im Badehaus und kamen dort mit den Menschen des Dorfes zusammen. Das Wasser war jedoch so heiß, dass man kaum 5 Sekunden die Füße reinhalten konnte. Nach dem Badevergnügen wurden wir noch auf einen Tee eingeladen,  und konnte so ein Haus der lokalen Bevölkerung besuchen. Was uns sofort auffiel: In dem Haus waren zahlreiche Kinder – das jüngste war 3 Monate alt, die älteren rund 10 Jahre. In dem Haus waren viele Generationen versammelt und die Kinder tollten in dem großen Wohn-/Schlafzimmer herum. Hier wird der Satz „Es braucht ein Dorf um ein Kind zu erziehen“ noch richtig gelebt.

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Im Wakhan hatten wir ab 3 Uhr Nachmittags immer sehr starken Gegenwind. Hin und wieder begann es auch zu regnen. In diesen Fällen setzten wir uns zu dritt in unser Zelt und kochten vom Zelt aus. Manchmal wurden wir auch von den Hirten zum Tee eingeladen. Russisch zu lernen wäre noch der Hit gewesen, doch wir konnten uns auch mit Händen und Füßen verständigen. Ebenso bewunderten wir immer wieder das Wildwasser des Grenzflusses, und Dominik träumte schon davon, welche Linien man in diesem Fluss mit einem Raft oder Kajak fahren könnte. Für uns war es wie immer auch ein Highlight andere Radreisende zu treffen – und von denen trafen wir reichlich am Pamir ;-). Wir campierten jeden Tag – immer vis-a-vis des Grenzflusses. Eines Nachts hörten wir Stimmen außerhalb des Zeltes. Ehrlich gesagt hatten wir doch ein etwas mulmiges Gefühl, doch wir vermuten, dass es das Militär gewesen sein muss, was auch tagsüber immer wieder auf Patrouille ging.

Nach dem Wakhan-Tal erreichten wir die Stadt Chorugh. Dort stiegen wir in das Radfahrer-Hostel „Pamir-Lodge“ ab. Wir trafen zwei pensionierte australische Radfahrer. Einer von ihnen war ein Fahrradmechaniker – perfekt für unsere Situation! Bernis Speichen brachen noch immer… Sie hatte jetzt schon 13 Speichenbrüche „all-in-all“. Wir zogen mit ihm alle Speichen noch fester an, was sich im Nachhinein vielleicht als Fehler herausstellte, aber mehr dazu später. In dem Hostel trafen wir auch zwei Schweizer, einen Vater mit seiner Tochter, beide bereisten den Pamir mit dem Motorrad. Wir hatten eine tolle Zeit, all die Reisenden mit ihren Geschichten zu treffen! 😉

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Beim letzten Teil des Pamir-Highways nach Duschanbe hatten wir tolle Campingplätze – einmal sogar mit einem eiskalten Schwimmbecken in einem kleinen Wald. Nun begann auch die Landschaft sich zu verändern. Es wurde immer heißer, die hohen Felswände verschwanden und wurden in sanfte Grashügel verwandelt. Über Mittag mussten wir immer eine lange Pause machen, um der Hitze zu entgehen. Da dürfte auch Berni einmal etwas „Falsches“ erwischt haben. Sie hatte sich schon gefreut, den Pamir ohne Magen-Darm-Geschichten überstanden zu haben… Doch dann verbrachte auch sie noch eine Nacht zwischen Zelt und Gebüsch. Das Problem mit Bernis Speichen wurde leider auch immer schlimmer. Die Speichen brachen nun auch auf guter Asphaltstraße – einfach so. Wir zählten nun schon Speichenbruch Nummer 16! Nachdem wir in Chorugh alle Speichen fester gezogen hatten, wurde es für uns auch immer schwieriger das Hinterrad zu zentrieren. Zum Schluss blockierte das Hinterrad so stark, dass wir die letzten 150 Kilometer per Autostop zurücklegten. Wir trennten uns schweren Herzens von Andrea, welche uns nun schon seit fast 3 Wochen begleitete. Sie würde die letzte Etappe in zwei Tagen radeln und uns dann wieder in Duschanbe treffen.

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Auf der Strecke nach Duschanbe kamen wir auch an einem Denkmal vorbei. Letztes Jahr wurden bei einem Attentat mehrere Radfahrer auf offener Straße ermordet. Seither hat die Polizei- und Militärpräsenz auf der Pamirstrecke stark zugenommen.

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Zurückblickend war der Pamir definitiv eine der schönsten und anspruchvollsten Fahrradstrecken, die wir je gesehen haben. Man trifft auch immer wieder andere Radfahrer – teilweise bis zu 9 Radfahrer pro Tag (wir schlossen am Morgen immer Wetten ab, wieviele es werden würden). In Duschanbe – dem Ende des Pamirs – konnten wir im Greenhause Hostel unterkommen (ein ebenso beliebtes Hostel bei Radfahrern). Hier trafen wir auch die zwei Radfahrer, die als vermisst gegolten haben und nach denen wir in Karakul gesucht hatten. Bernis Laufrad wurde ausgetauscht und soll nun hoffentlich bis zuhause halten. Ebenso wurden einige weitere Pläne für unsere Reise geändert – aber mehr dazu beim nächsten Mal! 😉

 

 

 

 

 

Kasachstan und Kirgistan

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Wir ließen China hinter uns. Nach einem langwierigen (und für uns die Privatsphäre weit überschreitenden) Ausreiseverfahren aus China standen wir plötzlich in Kasachstan. Das Einreiseprocedere auf kasachischer Seite war schnell und unkompliziert. Der Grenzpolizist lernte uns ein paar Basics auf Russisch, während wir unsere Stempel in den Pass bekamen. Es war Abend geworden und wir setzten uns wieder auf unsere Drahtesel, um die ersten Meter im neuen Reiseland zu tätigen. Wir warfen einen Blick zurück und betrachteten die chinesische Grenzstadt Korgas von Kasachstan aus. Wir bestaunten das riesige torbogenartige Monument, welches der chinesische Präsident an der Grenze zu Kasachstan errichten ließ. Dies soll ein Symbol für die neu verlaufende Seidenstraße sein, welche hier nach Kasachstan, und in Zukunft vielleicht bis nach Europa verlaufen soll. Von dem ganzen „Glanz und Gloria“ war auf kasachischer Seite aber nichts zu sehen, denn drehte man sich von der chinesischen Seit weg sah man nur eine Wüstenlandschaft – sonst nichts. Wir fuhren an diesem ersten Abend also nicht mehr besonders weit, sonder suchten uns gleich einen gemütlichen Zeltplatz zwischen den Hügeln aus Sand und Gebüsch. Wir freuten uns sehr über diesen anderen Landschaftscharakter, doch unsere Fahrradmechanik litt unter dem feinen Sand, welcher überall an den Fahrradketten kleben blieb. In dieser ersten Nacht zog auch ein Gewitter auf und der Regen prasselte lautstark an unsere Zeltwände. Leider hatten wir die Zeltplane beim Schlafengehen nicht genug gespannt – daher wurden auch die Innenwände unseres Zeltes nass. Wir blieben daher noch bis in den Vormittag hinein in unserem Zelt liegen, bis der Regen endlich aufhörte. Der starke Wind föhnte unser Zelt dann sogar nahezu trocken.

An unserem ersten „richtigen“ Tag am Sattel kamen wir nach etlichen Kilometern in das erste Dorf. Wir waren wie immer hungrig und entdeckten gleich einen kleinen, unscheinbaren Laden. Wir ahnten beim Eintreten noch garnicht, was uns da jetzt erwarten würde: nämlich, der Himmel auf Erden! Auf unserer ganzen bisherigen Reise haben wir noch nie echtes Bauernbrot bekommen (immer nur Toastbrot). In diesem kleinen, vielleicht 10 Quadratmeter großen Laden gab es einfach alles (alles, was das Radfahrerherz begehrte 😉 ): Brot, Butter, Joghurt, Kekse, Nutella (oder besser gesagt die kasachische Version Ramella), Schokolade, Obst, Gemüse, verschiedenes Gebäck und vieles mehr. Wir gingen bestimmt drei Runden in diesem kleinen Laden und bestaunen die Lebensmittel mit offenen Mündern. Dann sagten wir zu uns „Okay, jetzt nicht durchdrehen. Wir können nicht alles kaufen“. Sagen wir so, im Endeffekt wurde es ein Großeinkauf und wir hatten Probleme, all die Leckereien in unseren Packtaschen zu verstauen. Auch bei den Preisen waren wir ganz baff: Ein Kilo Brot und ein Block Butter bekamen wir für umgerechnet 60 Cent! Wir freuten uns über diese kulinarische Abwechslung! Um wirklich das volle Buttererlebnis zu haben, bestrichen wir die Brote ganz dick (einfach Butterstücke aufs Brot legen – so, wie es Berni zuhause gelernt hatte 😀 ). Sogar Dominik, ein bisher lebenslanger Butterbrotverweigerer, kam zum ersten Mal auf den Genuss – und das im Alter von 26 Jahren. Zwar nicht so dick bestrichen wie Berni, aber es ist ja mal ein Anfang :-).

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Auf unserem Weg zur Großstadt Almaty fuhren wir bei zahlreichen Bauernhöfen vorbei. Die Landschaft war für uns einfach ein Traum – wir fuhren neben hohen, teilweise schneebedeckten Gebirgsketten, große Herden von Pferde, Kühe und Schafe grasten neben der Straße und die Menschen winkten und grüßten uns beim Vorbeifahren. Sogar so manch ein Polizist schlug mit uns im Vorbeifahren ein 😉 Zum ersten Mal auf unserer Reise war den Menschen das Wort „Austria“ auch ein Begriff. Kaum jemand verwechselte den internationalen Namen unserer Alpenrepublik mit dem Kontinent „Australia“. Und zu unserer Überraschung konnten manche Leute auch ein paar Worte Deutsch, oder zählten Namen deutscher Städte auf, wo sie einmal gearbeitet hatten. Doch trotz dieser Idylle gab es Probleme: bei Bernis Fahrrad brachen erneut vier Speichen (und das obwohl sie schon das leichtere Gepäck chauffierte). Insgesamt haben sich in einem Monat acht Speichen verabschiedet! Glücklicherweise war Dominik schon extrem fit im Speichenwechseln. Somit wurde das Problem in Windeseile behoben (aber die Sorge um neue Speichenverluste stieg natürlich…)

In Kasachstan verliebten wir uns nicht nur Hals über Kopf in die Landschaft, sondern auch in die vielen Campingmöglichkeiten. Musste man in Südostasien teilweise am Nachmittag schon nach geeigneten, nicht so stark besiedelten Plätzen ausschau halten, so glich Kasachstan einem einzigen, großen Campingplatz. Zwischen den Dörfern waren kilometerlang keine Häuser, nur Wälder, Wiesen und Pflanzen, welche nun im Frühling wieder ein sattes, grünes Blätterkleid trugen. Auch die Wüstenlandschaft hatte immer wieder kleine Oasen mit Bäumen, welche zum Übernachten geeignet waren. Wir campierten auch bei eiskalten Flüssen, sprudelnden Wasserbecken und nutzten das Wasser zum Kochen und Duschen (damit auch wieder einmal die Hygienefrage geklärt wird 😀 ). In den kleinen Dörfern konnten wir auch bei öffentlichen Brunnen unsere Wasservorräte auffüllen.

 

Ein Teil unseres Weges führte auch durch eine lange Wüstenlandschaft, welche kaum besiedelt war. Wir hatten leider eine Pechsträhne und 5 Tage lang fuhren wir mit sehr starkem Gegenwind. Das zehrte ganzschön an unseren Kräften und wir kamen nur sehr langsam voran. Als wir uns nun an einem Tag abmühten und gegen den Wind ankämpften, phantasierten wir so vor uns hin. Bis zur nächsten Stadt waren es noch etliche Kilometer und es war bereits Mittag – und wir ohne Essensvorräte. Durch den Gegenwind würden es noch zwei Stunden sein bis in die nächste Stadt. Daher träumten wir davon wie es wohl wäre, wenn ein Autofahrer plötzlich stehen bleiben würde und uns einen Kebap mit Pommes und Cola vom Restaurant „Aganigi Naganigi“ aus Salzburg schenken würde 🙂 . Wie es das Schicksal wollte blieb auf einmal wirklich ein großes Auto stehen. Ein nettes kasachisches Pärchen aus Almaty stieg aus und fragte interessiert, woher wir sind. Wir erzählten ihnen von unserer Reise. Der Mann ging zum Auto und reichte uns ein paar Schokoriegel. Dann kam er mit immer mehr Essen. Sie schenkten uns Bananen, Wasser, Schokolade, gegrilltes Rind- und Hühnerfleisch, Selchfische, Saucen, gekühltes Bier und Tomatensaft. Wir waren sprachlos. Er meinte nur, dass sie heute nachhause fahren nach Almaty und ihren Reiseproviant nicht mehr brauchen. Als er plötzlich mit einer Vodkaflasche kam und uns diese auch schenken wollte erklärten wir, dass wir beim Radfahren keinen Schnaps trinken können. Er ließ sich aber nicht davon abhalten und füllte für uns den Vodka aus der Glasflasche in eine Plastikflasche um. Er zeigte uns, dass wir uns mit dem Hochprozentigen auch einreiben können (à la „Franzbranntwein“). Die beiden verabschiedeten sich und wir veranstalteten ein Straßenpicknick. Wir setzten uns auf unsere Matten und genossen dieses Festmahl. Danach legten wir uns mit vollen Bäuchen hin und dösten in der Sonne. Als wir am Nachmittag weiterfuhren blieb wieder ein Auto stehen. Der Fahrer stieg aus, grüßte uns, drückte uns ein großes Fladenbrot in die Hand und fuhr winkend wieder weiter. Wir beide waren von der umsorgenden Art dieser Menschen begeistert.

Am Weg nach Almaty trafen wir auch zwei andere Radreisende, ein Pärchen aus England. Wie immer gab es viele Geschichten auszutauschen. Sie waren in Richtung China unterwegs und freuten sich über den guten Rückenwind. Den brauchten sie auch, denn sie mussten ihren bereits gebuchten Zug erwischen. Die chinesische Provinz Xinjiang wollten sie mit Öffis überspringen. Am darauffolgenden Tag mussten wir erneut an die beiden Radfahrer denken, da wir endlich nach 5 Tagen Gegenwind Rückenwind hatten. Nun waren wir sehr schnell, mit einer Geschwindigkeit zwischen 25-30 km/h – Was für ein Gefühl! Daher erreichten wir Almaty doch 2 Tage früher als zuerst erwartet. In Almaty konnten wir bei einem Gastgeber von Couchsurfen unterkommen. Bei ihm waren auch noch ein reisendes Pärchen aus Deutschland und ein Mann aus Russland einquartiert. Wir schliefen also zu fünft auf einem Matratzenlager im Wohnzimmer. Wir verbrachten 3 Nächte in Almaty und genossen die Gesellschaft unserer bunt zusammengewürfelten Wohngemeinschaft. Jeden Abend wurde gemeinsam gekocht und wir spielten Kartenspiele. Wir hatten noch die Vodkaflasche im Gepäck, welche uns die netten Autofahrer am Weg geschenkt hatten. Wir wollten die Flasche nicht mehr mitnehmen, und so wurde es ein langer Abend mit unserem russischen Mitbewohner, welcher uns Runde für Runde zeigte, wie man am besten Vodka trinkt. Er aß nach jedem Stamperl ein paar Löffel Dosenfleisch mit rohem Ei und Salz (Hauptsache viele Proteine) – sein Geheimrezept. Wir lehnten dankend ab 🙂

Wir verabschiedeten uns also schweren Herzens nach drei Tagen. Almaty wurde von uns zur schönsten Stadt unserer bisherigen Reise gekürt. Wenn wir abgesehen von Österreich noch wo anders leben wollen würden, dann in Almaty! Diese Stadt ist wie ein sehr großes Dorf, es gibt kaum Hochhäuser, sondern viele Familienhäuser mitten im Zentrum. Man ist umringt von Bergen und Skigebieten und man hat das Gefühl, als sei Almaty eine junge, lebendige und offene Stadt. Die vielen grünen Parks waren ein weiteres Highlight.

Doch nach drei Tagen ging es wie gesagt weiter Richtung Kirgistan, welches wir nach zwei Fahrradtagen erreichten. Der Wind bließ wieder sehr stark und in den Nächten regnete es immer wieder. Doch wir blieben dank guter Zeltplanenspannung trocken und warm.

Kirgistan

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Nach nur 10 Tagen in Kasachstan konnten wir problemlos die Grenze zu Kirgistan passieren. Noch am selben Tag erreichten wir die Grenz- und gleichzeitig Hauptstadt Bischkek. Dort konnten wir wieder bei einem Gastgeber von Cochsurfen nächtigen. Unser türkischer Gastgeber lebt in einer Wohnung im Stadtzentrum mit zwei Freunden. Wir bekamen türkischen Kaffee und plauderten viel über das Leben hier in Kirgistan. Unser Gastgeber studiert hier an einer Univesität, welche einen Schwerpunkt für türkische Austauschstudenten hat. Am zweiten Abend unseres Aufenthaltes gingen wir mit ihm und all seinen Freunden in ein türkisches Restaurant. Seine Freunde studieren ebenfalls hier und arbeiten freiwillig als Englisch-Nachhilfelehrer. Wir hatten viele interessante Themen über die Politik in Europa und der Türkei. Es war ein lustiger und spannender Abend.

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Nach diesem Zwischenstop packten wir wieder unsere Fahrräder. Wir hatten nun ein großes Ziel vor Augen: Die kirgisische Stadt Osch im Süden des Landes (von dort aus soll es dann auf den Pamirhighway gehen, welcher durch Tadschikistan verläuft). Wir fuhren durch atemberaubende Frühlingslandschaften und kämpften uns auf einen über 3175m hohen Gebirgspass hoch. Domi hatte auch noch so viel Power, dass er eines Nachmittages auf einen Gipfel der vielen Berge rund um uns stieg. Berni zog es aufgrund der Kälte vor im Zelt zu bleiben und einen Powernap einzulegen (man muss ja nicht bei allem mitmachen) ;-). Die Nächte in der Nähe des Passes waren nun empfindlich kalt. Wie schon so oft waren wir froh, diese tollen Winterschlafsäcke dabeizuhaben. Zum Einschlafen lauschten wir unserem Hörbuch „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“.

Als wir mit den Fahrrädern den höchsten Punkt des Passes erreicht hatten, mussten wir absteigen und mit einem Lastwagen durch einen 5 km langen Tunnel fahren. Danach hatten wir eine lange Abfahrt.

Am Weg nach Osch trafen wir auch auf eine Reisegruppe aus Deutschland und der Schweiz. Zehn Campingbusse waren von Europa aus auf dem Weg nach Australien – unter ihnen auch Familien mit Kindern. Ein nettes, älteres Paar aus der Schweiz hielt an und zeigte und die Route dieser Reisegruppe. Tagsüber kann jeder in seinem eigenen Tempo fahren und am Abend treffen sie sich wieder alle am selben Ort.

Nach dem Gebirgspass fuhren wir durch das wohl schönste Tal, das wir jemals gesehen haben. Also ohne Spaß – es war als ob man von einer Postkartenlandschaft in die nächste fahren würde. Die teilweise schneebedeckten Felstürme reihten sich aneinander, Wildwasserflüsse schlängelten sich neben der Straße und Hirten waren mit ihren Schafherden und Kühen unterwegs. Und ganz nebenbei knackten wir die 10.000 km Marke! Wir hätten uns keinen schöneren Ort für dieses kleine interne „Event“ vorstellen können. Sehr eindrucksvoll war das Zusammentreffen von blitzblauen Flüssen mit trüb-grauen Wildwasserflüssen (sehet selbst am Bild! 🙂 und drei mal dürft ihr raten welches Wasser aus welchen der beiden Flüsse wir getrunken haben… aber zu unserer Verteidigung: die Einheimischen trinken auch dieses Wasser und der blaue Fluss kam erst viel später am Weg dazu 😀 ).

Das wohl schönste an unserer Zeit in Kirgistan war, dass wir die Lagerfeuersaison eröffnet haben. Wie schon beschrieben gab es in Kasachstan und Kirgistan viele Zeltplätze und auch Feuerholz war leicht zu finden. So gab es Steckerlbrot und unser Campingkocher durfte eine Pause einlegen. Apropos schöne Campingplätze – am Toktogul-Reservoir schliefen wir mit unserem Zelt direkt am See. Wir kamen an einem kirgisischen Feiertag am See an und waren dort unter vielen Besuchern. Eine Gruppe von Einheimischen sang Volkslieder in Begleitung von Akkordionklängen. Bevor die Sänger den See verließen wurden wir zum Abschied auf ein Stamper Vodka eingeladen – Prost!

 

Wir trafen auch einen niederländischen Radreisenden. Eigentlich ist er mit einem Freund unterwegs, doch da sein Fahrradpartner für 2 Wochen zu einer Hochzeit nachhause geflogen ist, sind sie nun etwas zweitversetzt unterwegs. Ebenso lernten wir am Weg einen älteren russischen Radfahrer kennen.

Kurz vor der Stadt Dschalalabad verabschiedete sich ganz unerwartet und ohne ersichtlichen Grund Bernis Speiche Nummer 9 – es war zum Verzweifeln. Doch auch diese Speiche wurde rasch ersetzt. Am weiteren Weg trafen wir den zweiten niederländischen Radfahrer, welcher auf der Hochzeit zuhause war. Er ist der Fahrradpartner des Tage zuvor begegneten Reisenden. Wir plauderten den ganzen Nachmittag und da es außerhalb der schattenspendenden Bushütte zu heiß für unser Empfinden war, beschlossen wir gemeinsam einen Campingplatz am Fluss zu finden und baden zu gehen – gesagt, getan. Wir schlugen gemeinsam unsere Zelte auf und kochten ein Abendessen. Ein netter kirgisischer Bauer kam vorbei und schenkte uns Brot und Eier – wir bedankten uns herzlich und freuten uns auf dieses Frühstück. Am Abend erzählen wir von Bernis Speichen-Dilemma und unser niederländischer Kollege war sehr interessiert, mit welchem Werkzeug wir all das reparieren. Dominik wollte es ihm demonstrieren und musste schließlich feststellen, dass wir das Tool zum Abziehen der Kassette beim Reparieren der neunten Speiche verloren hatten… Wir hofften also, dass wir in Osch (vorm Anstieg zum Pamirhighway) das verlorene Werkzeug ersetzen können. Später in dieser Nacht zogen tief schwarze Gewitterwolken auf und wir beobachteten die vielen Blitze in der Ferne. Bis auf etwas lebhafteren Wind zog das Unwetter aber in eine andere Richtung davon.

Wenige Tage nach dem gemeinsamen Campen erreichten wir nach Dschalalabad die Stadt Osch. Hier freuten wir uns über eine richtige Dusche und ein echtes Bett in einem kleinen Guesthouse. Am Bazar fanden wir in einem versteckten Winkel viele kleine Fahrradreparaturläden. Wir konnten sogar unser verloren gegangenes Werkzeug ersetzen. Dieser große Bazar war ein sehr bunter und lebendiger Ort, viele viele Menschen strömten tagtäglich an den kleinen Marktständen vorbei. Besonders Berni freute es zu sehen, dass hier am Markt die Frauen ihre Kinder stillten, egal ob die Frauen ein Kopftuch trugen und sonst eher weniger Haut zeigten oder nicht. Diese Offenheit und Selbstverständlichkeit des Stillens war sehr bewundernswert unserer Meinung nach.

Gesamt gesehen gefiel uns die Zeit in Osch sehr gut – wir konnten nochmal Kräfte sammeln und uns Tipps von anderen Radreisenden bezüglich des Pamirhightways holen. Wir kauften viel frischen Ingwer und Knoblauch, um uns und unser Immunsystem für die nun folgenden Wochen des Aufstiegs zu rüsten. Ebenso kauften wir Trockenfrüchte und Essensvorräte. Endlich ist es so weit – auf den Pamir haben wir uns zuhause schon gefreut. Also auf nach Tadschikistan und bis bald! 😉

China

jjjjjjNach einem langen Vormittag am Sattel erreichten wir die vietnamesische Grenzstadt Lao Cai. Es war der 28.März – wir waren nun auf den Tag genau 6 Monate unterwegs. Von Bekannten und anderen Reisenden haben wir viele unterschiedliche Dinge bezüglich der Einreise in China gehört: Es sollen sehr strenge Einreisebedingungen herrschen, auch die Mitnahme des Reiseequipments (allem voran der Campingkocher, des Küchenmesser usw.) könnte zu einem Problem werden. Die Spannung stieg daher immer mehr an – doch zur Feier des Tages gönnten wir uns noch einen letzten Kaffee und Kakao in einem kleinen Lokal vor der Grenze – Nervennahrung 😉 Anschließend schoben wir unsere treuen Drahtesel zum Grenzgebäude. Der Ausreisestempel war schnell im Pass, also ging es gleich weiter zum chinesischen Einreisegebäude. Wir waren angenehm überrascht: Ein junger chinesischer Grenzbeamter versuchte uns mit ein paar Wörtern Englisch durch den Aufnahmeprozess zu lotsen. Nach einer langen Passkontrolle bekamen wir dann den Einreisestempel – erleichtertes Aufatmen – und wurden dann zu einem Gepäckscanner gebracht. Wir mussten alle unsere Fahrradtaschen durchleuchten lassen, und zu unserer Überraschung waren die Mitnahme von Campingkocher und Co. kein Problem. Ein netter älterer Grenzbeamter lernte uns in der Zwischenzeit die Wörter „Hallo“ und „Danke“ auf Chinesisch – uns wurde also bei dem Einreiseprozess nicht langweilig. Und ehe wir uns versahen waren wir in China angelangt – endlich! Die Einreise hatte reibungslos funktioniert und wir begaben uns nun in Richtung Zentralasien.

Die Grenzstadt war sehr modern aufgebaut, Kaufhäuser und Schaufenster reihten sich in der Innenstadt aneinander, Hochhäuser und Hotelanlagen gab es ebenfalls in Fülle. Da es schon später Nachmittag war und wir hundemüde vom Radeln am Vormittag waren, beschlossen wir uns ein Hostel für die Nacht zu suchen. Dabei lernten wir gleich die erste Lektion in China: Kaum jemand spricht Englisch. Dank der Verständigung mit Händen und Füßen bekamen wir ein Zimmer und unser vom Regen klatschnasses Zelt konnte Pause machen und vor sich hin trocknen. Am Abend lernten wir Lektion zwei: In chinesische Restaurants gibt es meist einen großen Kühlschrank wo man verschiedene Gemüse-und Fleischsorten auswählen kann. Diese werden dann frisch zubereitet. Da wir kein Chinesisch sprechen konnten, war es immer eine Überraschung, in welcher Form man die ausgewählten Lebensmittel dann serviert bekommt. 😉

In der Nacht fühlte sich Dominik dann krank, wodurch „Krankenpflegerin“ Berni ein auf Dominiks Bedürfisse abgestimmtes Genesungsfrühstück besorgte: Eis am Stiel, Kekse und Coca Cola. Ab Mittag drehte sich der Spieß dann um: Dominik erfreute sich wieder bester Gesundheit und Berni war krank. Wir blieben also noch eine Nacht länger als gedacht.

Unser nächster Stop war Kunming, wohin wir eine Woche lang unterwegs waren. Unser Weg führte uns vorbei an landwirtschaftlich genutzte Felder, Arbeiter auf Pferden beförderten Körbe voll Ananas von den Hängen herunter und das Frühlingswetter sorgte für angenehme Radfahrtemperaturen. Wir campten in alten verlassenen Häusern ohne Dach, in Wäldern, auf Feldern und an Flüssen. Wir lernten am Weg nach Kunming noch Lektion drei: In China hat man nicht einmal am Klo seine Privatsphäre. Manche öffentliche Toiletten sind sehr speziell konzipiert: Bitte stellt euch vor eurem inneren Auge eine lange durchgehende Rinne vor, welche seitlich mit kleinen Trennwänden als „Sichtschutz“ bestückt ist (Türen gibt es nicht). Diese Trennwände sind aber so klein, dass man beim Reingehen drübersehen kann. Man begibt sich in der Toilette dann also in Hockposition und wenn dein Klo-Nachbar vor dir die Spülung drückt, schwimmt sein Geschäft unter dir in der lagen Rinne vorbei, und auch noch bei allen anderen Klo-Besuchern – Prost Mahlzeit!

Einen besonderen Motivationsschub erhielten wir, als wir drei Radfahrer am Weg trafen. Die drei Reisenden sind gebürtig aus Malaysia, haben das letzte Jahr in England gearbeitet und sind von dort aus über Europa nach China geradelt. Sie sind derzeit unterwegs in ihre Heimat Malaysia. Wie immer gab es genug Gesprächsstoff bezüglich Routen, Fahrräder und gute Campingstellen.

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Am Weg nach Kunming konnten wir bei einem Couchsurfer in der Nähe von Mengzi übernachten. Um nach Mengzi zu gelangen mussten wir einen ganzen Tag bergauf fahren, und es wurde zu unserem bisher anstrengendsten Fahrradtag. Die Straße war nicht besonders steil, aber wir waren von den letzten Wochen doch ziemlich ausgepowert. In Vietnam hatten wir in windeseile die Küste hinter uns gelassen und Berni war nach dem Tag im „Krankenstand“ auch noch nicht wirklich fit. Die tolle Gastfreundschaft der Passanten gab uns aber wieder Energie: Wir wurden von einem Lastwagenfahrer mit Wasser beschenkt, auch ein Auto mit Einheimischen stoppte und beschenkte uns mit Schokolade und Obst. Als wir dann am Abend bei unserem Gastgeber von Couchsurfen ankamen wurden wir wieder überrascht: Sein Arbeitgeber liebt es sich international zu vernetzen und hat uns kurzerhand zu einem traditionellen Abendessen in einem schönen Restaurant eingeladen. Es gab „Hot-Pot“ – eine kräftige Hühnersuppe die am Tisch vor sich hin köchelte und mit Pilzen, Gemüse und Fleisch befüllt wurde (im Prinzip wie ein Fondue). Es war ein ausgiebiges Festmahl und wir waren so müde, dass wir nach dem Essen nicht mehr mit in die Stadt wollten um etwas trinken zu gehen, sondern nur noch ins Bett fielen. Durch unseren Gastgeber in Mengzi lernten wir Lektion vier: Sehr viele Reisende arbeiten in China als EnglischlehrerInnen – so auch unser Gastgeber. Er bleibt ein Jahr in China um zu arbeiten, und macht sich nächstes Jahr wieder auf, um weiterzureisen. Für uns hieß es am nächsten Morgen auch „auf zur Weiterreise“. Als Stärkung gingen wir zum Frühstück in eine der vielen Suppenküchen, wo wir Lektion fünf gelernt haben: Die Suppenportionen sind in China meist in Übergrößen. Bei uns würde man den Suppentopf, den man hier pro Person bekommt, am Sonntag für die ganze Familie auf den Tisch stellen. Wir freuten uns daher besonders über Lektion fünf und aßen so gut wie jeden Tag Nudelsuppe 😉 Unsere Mägen freuten sich aber auch über andere Köstlichkeiten, nämlich über gedämpfte Weißmehlweckerl, welche mit verschiedenen Dingen (Nuss/Zuckermischung, Kraut, Gemüse usw.) gefüllt waren – herrlich!

 

Am Weg nach Kunming kamen wir auch in einer großen Stadt vorbei, welche am Qilu-Lake lag. Wir hatten uns auf eine ruhige Nacht am See eingestellt, da auf Maps.me (unserer Offline-Navigationskarte) keine Orte eingezeichnet waren. Dies führt uns zu Lektion sechs: Maps.me ist in China leider nicht besonders zuverlässig, da viele Dinge einfach nicht eingezeichnet sind. Man kann aber auch nicht Google Maps verwenden, da in China viele Apps (wie beispielsweise Whatsapp, Facebook und Google) gesperrt sind. Wir hatten auf unserem Smartphone im Vorhinein eine App (VPN) installiert,damit wir auch auf unsere gewohnten Apps zugreifen konnten. Aber zurück zu unserer Nacht am Qilu-Lake. Dieser See war umkreist von vielen Städten, daher schlugen wir unser Zelt an einem halbwegs ruhigen Plätzchen nahe des Wassers auf. Gleich darauf kamen zwei Fischer auf uns zu, die sich sehr über unsere Anwesenheit freuten. Sie begannen mit uns zu reden, doch sie konnten kein Englisch und wir kein Chinesisch. Wenige Minuten später hatten sie ein paar Bierflaschen kauft und uns jeden eine in die Hand gedrückt. Somit tranken wir gemeinsam mit den Fischern Bier, kochten uns ein Abendessen und betrachteten den Sonnenuntergang. Doch leider war es nicht so idyllisch wie es vielleicht klingt, denn die Fischer waren bereits sturzbetrunken… Sie wollten uns noch unbedingt in eine Karaokebar mitnehmen, doch wir wollten eigentlich nur schlafen. Obwohl wir immer wieder auf unser Zelt deuteten und dass wir nun schlafen gehen wollen, ließen sie nicht locker. Nach längerem Hin- und Hergedeute fuhren die beiden dann doch nachhause und wir konnten auch schlafen gehen.

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Auch am danach folgenden See, dem Fuxian-Lake, campierten wir und hatten die wohl schönsten Schlafplätze unserer bisherigen Reise. Wir fanden sogar eine kleine Höhle direkt am Ufer des Sees. Um dort hinzugelangen muss man aber über eine kleine Felswand hinunterklettern, dementsprechend anstrengend war es, unser ganzes Equipment samt Fahrräder dort hinunterzubefördern. Einen zusätzlichen Schock hatten wir auch, als plötzlich ein Polizeimotorboot unerwartet um die Ecke bog und direkt auf uns zudüste (campen ist am See eigentlich nicht erlaubt). Sie haben uns aber glücklicherweise nicht gesehen. Somit verbrachten wir eine wunderschöne Nacht direkt am See, und von unseren Schlafsäcken aus konnten wir die Lichter der Straßenlaternen betrachten, welche sich im nächtlichen See spiegelten.

In Kunming angekommen verbrachten wir zwei Nächte bei unserer Gastgeberin Vera von Warmshowers. Sie ist aus den Niederlanden und vor einigen Jahren mit dem Fahrrad von Amsterdam bis nach Tokio gefahren. Sie hat sich sofort in die Stadt Kunming verliebt und lebt nun schon seit 2 Jahren hier. Sie hat uns auch in ihre Stammbar namens „Barfly“ mitgenommen, wo wir auf viele europäische und amerikanische Reisende trafen. In Kunming brachen auf mysteriöse Weise vier von Bernis Speichen. Wir konnten alles wieder reparieren, doch um weitere Speichenbrüche zu verhindern wurde Bernis Fahrrad nun zum „Leichtwarentransporter“ erklärt. In ihren Packtaschen sind jetzt nur mehr die Schlafsäcke und das Zelt.

Da wir nur einen Monat in China Zeit hatten, mussten wir eine große Strecke mit dem Zug zurücklegen. Von Kunming aus fuhren wir mit dem Zug nach Chengdu. Unsere Zugtickets hatten wir bereits vorab über trip.com gebucht. Unsere Fahrräder mussten wir aber samt Gepäck an einem anderen Schalter aufgeben. Wieder einmal durchforsteten die Beamten unser gesamtes Gepäck, ebenso wurden die Taschen zusätzlich gescannt. In weiser Voraussicht hatten wir unsere Benzinflasche für den Campingkocher geleert und gereinigt, doch am Schalter erklären sie uns dann, dass wir den Kocher nicht mitmehmen dürfen. Diese Worte glichen einem Drama – wir sind auf unseren Kocher angewiesen und können ihn nicht zurücklassen, außerdem war er sehr teuer und wir würden keinen gleichwertigen Ersatz finden… Den Tränen nahe erklären wir ihnen den Sachverhalt und im Endeffekt ging die Flasche dann doch durch – Glück gehabt!

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In Chengdu legten wir dann unsere Halbzeitpause ein. Der Anstieg nach Mengzi hatte uns gezeigt, dass unsere Muskeln reif waren für eine Pause, aber dieses Mal für eine richtige Pause ohne Sport, da wir so gut wie alle „Fahrradpausentage“ bisher für klettern und wandern genutzt hatten. Daher verbrachten wir 5 Tage in Chengdu und wurden von Warmshowersgastgebern beherbergt. Unsere Gastgeber waren ein Paar aus den USA, Zach und Alize, beide in unserem Alter. Zach ist von Amerika aus aufgebrochen und über Europa nach Asien geradelt. Dabei hat er in Österreich eine mehrwöchige Winterpause zum Snowboarden eingelegt. Seine Freundin Alize ist dann in Asien dazugekommen. Beide arbeiten hier nun für ein Jahr als Englischlehrer um ihr Budget wieder aufzufüllen, bevor sie nach Australien weiterradeln. Zach hat uns besonders von den österreichischen Schnitzelsemmeln und den guten Tiefschneeabfahrten vorgeschwärmt 😉 Sie zeigten uns auch einen chinesischen Markt wo es gebratene Hasen- und Entenköpfe gab, wir verzichteten aber dankend auf diese Köstlichkeit.

Wir nutzten unsere Pausentage, um uns für die kalten Tage am Pamir-Gebirge (welches wir in Tadschikistan befahren wollen) vorzubereiten. Wir kauften uns dünne Daunenjacken und zusätzliches Gewand (viele unserer alten T-Shirts haben wir bereits zerschnitten und als Fahrradketten-Putztücher zweckentfremdet). Die letzte Nacht in Chengdu verbrachten wir in einem Hotelzimmer – die Bedingung war natürlich, dass es ein „All-you-can-eat“ Frühstücksbuffet geben musste. Dies war ein Geschenk von Dominik an Berni, ein Halbzeitgeschenk sozusagen.

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Unsere Zugfahrt von Chengdu nach Urumqui, im Nordwesten von China (Provinz Xinjiang), brachte uns zur siebten, und wie wir finden wichtigsten Lektion: Fahre wenn möglich NIE in einem Sitzwagon für 35 Stunden in einem chinesischen Zug! Die Sitzreihen waren sehr eng und wir hatten große Probleme, eine halbwegs gemütliche Schlafposition zu finden. In der zweiten Nacht im Zug wurde es uns dann zu viel. Wir legten uns mit unseren Campingmatten unter die Sitzreihen, wo wir neben angeknabberten Hühnerknochen, Staub und Gepäck wenigstens ein paar Stunden Schlaf fanden.

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Wir machten uns also von Urumqui zur Grenzstadt Korgas auf und befuhren die neu ausgebaute Seidenstraße. In Xinjiang herrschten besonders hohe Sicherheitsvorkehrungen vor. Es gibt Konflikte zwischen der Regierung und einer dort ansässigen Minderheit, den Uiguren. Wir hörten immer wieder von anderen Reisenden, dass die Regierung diese Menschen in „Umerziehungscamps“ steckt, um sie von ihrer Tradition und Religion loszulösen und zu „bekehren“. Wir vermuten, dass in diesem Gebiet niemand will, dass man im Umland abseits der Hauptstraßen Dinge sieht, die dann an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Wir mussten daher immer auf der Hauptstraße bleiben und durften nicht auf Nebenstraßen fahren. Vor und nach jeder Stadt waren hochmoderne Polizeiposten, teilweise mit Ganzkörperscanner und der gleichen. Oft mussten wir pro Passkontrolle 20-30 Minuten warten. Auch die Verständigung war nicht einfach. Besonders überrascht waren wir immer dann, wenn uns die Beamten nach einer halbstündigen Kontrolle die Pässe zurückgaben und noch immer glaubten, dass wir aus „Australia“ sind. 😀 Die Polizisten warern aber immer sehr freundlich und wir nutzten die Zeit am Posten, um unsere Wasserflaschen aufzufüllen. Wir wurden oft tageweise mit Polizeiautos eskortiert, sie wollten einfach immer wissen wo wir sind und was wir machen. Wir konnten aber trotzdem immer campen, auch wenn es manchmal der Schacht unter der Straße war, um unentdeckt zu zelten.

 

Einmal wurden wir sogar für 30 km von einem Polizisten mit dem Fahrrad begleitet. Er war in zivil gekleidet, doch sie haben ihn auf seinem Fahrrad Polizeilichter montiert. Da wir schon ein wenig im Zeitstress waren (es hatte lange gedauert, bis unser Begleiter mit seinem Fahrrad fertig war zur Abfahrt) legten wir ein eher sportliches Tempo vor. Der Polizist musste dann nach 8 km eine Pause einlegen und kaufte sich im nächsten Shop mehrere zuckerhältige Getränke. Er fuhr aber trotzdem den gesamten Weg mit uns zur nächsten Polizeikontrollstelle.

Die Tankstellen waren ebenso mit Stacheldrahtzaun abgesichert. Um zu tanken mussten alle Insassen aussteigen und draußen warten, nur der Fahrrer durfte nach einer Fahrzeugkontrolle zum Zapfhahn fahren. Wir bekamen daher auch keinen Sprit für unseren Campingkocher. In Südost-Asien waren die Tankstellen immer unsere Anlaufstelle Nummer 1 gewesen um zu rasten, Wasser aufzufüllen und aufs Klo zu gehen. Nun durften wir die Tankstelle nur mehr von der Weite betrachten. Wir hatten aber trotzdem immer Spaß mit den Kontrollbeamten vor den Tankstellen, welche uns meist unsere Wasserflaschen auffüllten. Sie hatten auch meist heißes Wasser für unsere Nudelsuppen, dafür waren wir sehr dankbar!

Auf unserem Weg nach Korgas trafen wir einen chinesischen Reisenden. Er hat sich ein Gestell gebaut, mit dem er von Ili in das rund 4000 km entfernte Peking wandert – wir sind begeistert! Er durchquert China sozusagen von West nach Ost. Er wird dafür vermutlich 1,5-2 Jahre brauchen. Schlafen kann er in dem kleinen Anhänger den er mitführt.

Was wir schlussendlich von unserer Tour durch Xinjiang mitnehmen ist, dass man als Radreisender in dieser Region gute Nerven haben muss, da man ständig kontrolliert und aufgehalten wird (Pässe und Gepäck). Viele andere Radfahrer berichteten uns, dass sie in dieser Region mit Öffis gefahren sind, um sich diese Umstände zu ersparen. Wir haben diesen Teil Chinas aber sehr schön gefunden: freilaufende Kamelherden neben der Straße, hohe Berge, Seen und das beste – der Übergang in die zentralasiatische Landschaft war sehr eindrücklich und wunderschön. Die Polizisten waren auch immer sehr freundlich zu uns. Das bringt uns zur achten Lektion dieses Eintrags: Beim Radfahren in Xinjiang muss man flexibel sein. Teilweise lassen sie einem nicht radeln, dann muss man alles abpacken und mit dem Polizeibus mitfahren.

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Die letzte Lektion die wir in China gelernt haben ist im Prinzip wie die Klo-Lektion – nämlich, keine Privatsphäre. Bei der Ausreise wuden alle Taschen 2x gescannt, die Passkontrolle dauert gefühlt ewig, und als wir dachten, dass wir nun auf Kasachstan einreisen können, wurden wir ohne Vorwanrnung getrennt voneinander in kleine Bürozimmer geführt. Wir wurden von den Beamten gefilmt, während andere Mitarbeiter erneut alle unsere Taschen leerten und erneut kontrollieren. Ohne zu fragen nahmen sie unser Handy, den Laptop und die Kamera. Jedes Kabel und auch der USB-Stick wurden gecheckt. Sie sahen sich ohne zu fragen unsere Fotos und Videos an, während der ganze Kontrollprozess gefilmt wurde… Echt verrückt! Domi konnte die Mitarbeiter aber geschickt ablenken, so haben wir das Video mit dem radelnden Polizisten mit Rücklicht behalten können. Dies war unser Abschied in China.

 

Wir freun uns schon, bald von unserer Zeit in Kasachstan zu berichten!

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„One Coffee and one Cacao please“

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Schon beim Grenzübertritt nach Vietnam, im nordosten von Kambodscha, fühlten wir uns in unserem neuen Radelland pudelwohl. Als wir nach rund 40 km völlig verschwitzt eine erste Pause einlegten, kam ein junger Vietnamese auf uns zugelaufen, um uns auf ein hausgemachtes Eis in seinem Shop einzuladen. Wir freuten uns sehr über die Gastfreundschaft und verbrachten eine fruchtig-süße Eiscremepause neben einem kühlenden Ventilator.

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Obwohl wir es aufgrund des vielen Bergaufradelns nicht für möglich gehalten haben, schafften wir noch am ersten Tag in Vietnam die Ankunft in Pleiku. Wir kontaktierten unseren Gastgeber von Couchsurfen, welcher uns spontan schon einen Tag früher als ausgemacht bei sich und seiner Familie aufnahm. Da wir in Vietnam eine lange Strecke entlang der Küste bis nach China vor uns hatten, wollten wir eigentlich nach einer Nacht in Pleiku wieder weiterdüsen. Eigentlich. Im Endeffekt verbachten wir 3 Nächte bei unseren Gastgebern. Die letzten Wochen hatten uns doch einiges abverlangt – Radfahren in der prallen Sonne, Staub, Hitze und das Bangen um unsere Problemkinder (unsere schon teilweise recht verschlissenen Drahtesel). Wir waren also nach der Ankunft im Hochland von Vietnam froh über ein fixes Dach über den Kopf und eine Dusche – der pure Luxus sozusagen. Unsere Gastgeberfamilie nahm uns mit in lokale Restaurants und Kaffees – mit richtigem, gutem Kaffee (kein Instantkaffee wie in den meisten Ländern zuvor)! Als Dankeschön halfen wir beim Blumengießen und bekochten unsere Gastgeberfamilie mit Semmelknödel, gerösteten Erdäpfel und Spinat. Als Vorspeise gab es Frittatensuppe und zum Abschluss Palatschinken mit Erdbeermarmelade. Tatkräftige Unterstützung erhielten wir beim Palatschinkenkochen vom 7-jährigen Sohn der Familie. Wir sind uns nicht ganz sicher ob ihnen das Essen geschmeckt hat, da wir unser gekochtes Essen am nächsten Tag zum Frühstück wieder bekommen haben (6 Knödel waren noch übrig, und wir hatten schon die Sorge, dass es zu wenig werden könnte 😀 ). Sie hatten nur gemeint „It is difficult to eat“ – Knödel mit Stäbchen zu essen ist tatsächlich eine Herausvorderung 🙂 Nichtsdestotrotz wurden alle satt und wir beide freuten uns über Knödel mit Spinat und Beilagen zum Frühstück. Apropos Freude – besonders großen Spaß hatte der 7-jährige Sohn der Familie in unserem Zelt, welches wir ihm zum Spielen vor dem Haus aufgebaut hatten. Er hat sein neues „zuhause“ gleich mit Kissen und Decke für einen Nachmittag lang bezogen.

Unsere Weiterreise war geprägt von wunderschönen Landschaften, frühlingshaften Wäldern und jede Menge Reisfelder. Nahezu jede erdenkbar freie Fläche wird für die Landwirtschaft genutzt. Nach dem anstrengenden Hochradeln auf die Hochebene von Vietnam bekamen wir die Behlonung, nämlich eine lange Abfahrt Richtung Küste des Landes. Am Weg trafen wir auf eine große vietnamesische Reisegruppe, welche sich über ein Gruppenfoto freute.

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Von der Küste aus sollte es dann auf der Hauptverkehrsachse, der AH1, hinauf Richtung Hanoi gehen. An der Hauptstraße angekommen sahen wir leider noch nicht das Meer, dafür aber zahlreiche Bäckereien, was für uns in diesem Moment bestimmt genauso erfüllend war. Für das leibliche Wohl wird in Vietnam nämlich allemal gesorgt – die Straßen sind gesäumt von kleinen Restaurants, Kaffees und Obst-/Gemüseläden. Wir aßen teilweise jeden Tag 3x Pho (eine traditionelle Nudelsuppe) – zum Frühstück, Mittag- und Abendessen.

Unser nächstes Ziel war vorerst Hoi An, ein ehemals kleines Fischerdorf, welches heute bei Touristen sehr beliebt ist. Wir schlenderten dort durch die kleinen Gassen der Altstadt, betrachteten die vielen nächtlich beleuchteten Boote am Fluss und gingen eine kleine Sightseeing-Runde. Am Abend gingen wir müde Richtung Unterkunft, als uns eine kleine Schneiderei am Straßenrand ins Auge sprang. Wir sahen einen schönen dunkelroten Anzug, ein Ausstellungsstück an einer Kleiderpuppe. Wir scherzten noch darüber, dass Domi dieser Anzug vermutlich nicht passen würde. Wir plauderten mit der charismatischen Schneiderin und wenige Sekunden später steckte Dominik schon in dem roten Ausstellungsanzug – welcher wie angegossen passte. Er konnte dem Angebot nicht widerstehen, also nahmen wir ihn kurzerhand dann doch mit (hätte sich Berni noch ein Ballkleid gekauft, wären wir vermutlich im Ranking zum „schicksten Pärchen auf Rädern“ ganz vorne dabei gewesen 🙂 )

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Am nächsten Morgen wollten wir weiterfahren, doch dann machte unsere Gopro Kamera schlapp. Glücklicherweise gab es in Hoi An einen sehr kompetenten Laden für die Reparatur von technischen Geräten. Da wir die Kamera erst am Folgetag abholen können würden, mussten wir noch eine Nacht bleiben. Dieser Zwischenfall kam Berni jedoch sehr zugute, da sie beim Frühstück irgendetwas erwischt hatte, was ihrem Magen nicht wirklich zu bekommen schien… Am nächsten Tag holten wir die wieder funktionstüchtige Kamera ab und fuhren weiter. Leider schafften wir es nur in das wenige Kilometer entfernte Da Nang, da Bernis Magen noch immer krampfte und eine Toilette in ständiger Reichweite in diesem Fall Gold wert war. Somit wurde eine eintägigen Pause zu einer dreitägigen Pause. Dies wiederum bedeutete für uns ein Tagessoll von mindestens 110 km, um es rechtzeitig in den Norden von Vietnam zu schaffen. Bevor wir nach Hanoi fahren wollten, hatten wir noch 4 Tage zum Klettern auf der Insel Cat Ba geplant. Dies war auch der Grund warum wir doch etwas in Zeitstress gerieten. Daher traten wir besonders fest in die Pedale und strampelten den Berg kurz nach der Stadt Da Nang hoch. An der Spitze des Berges angekommen tummelten sich etliche Touristen. Hier verlief früher die Grenze zwischen Nord- und Südvietnam. Außerdem verläuft hier eine sehr eindrückliche Wetterscheide – Richtung Süden hatten wir einen sonnigen Ausblick auf das Meer, Richtung Norden erblickten wir eine graue Wolkenfront. In einem kleinen Kaffeehüttchen lernten wir zwei Radreisende aus Holland kennen, ein Paar, welches 6 Monate im Jahr auf selbstständiger Basis arbeitet und die anderen 6 Monate des Jahres auf ihren Reiserädern weltweit unterwegs ist. Wir hatten gleich viele Gesprächsthemen, tranken nebenbei Kaffee und genossen die Pause nach dem Aufstieg.

Auf unserem Weg vom Süden in den Norden des Landes lernten wir noch etliche andere RadfahrerInnen aus Frankreich, Australien, Indien und Deutschland kennen.

Als RadfahrerIn muss man aber auf diesen vielbefahrenen Strecken gut aufpassen – Domi half am Weg einen verunglückten Wagen aus dem Straßengraben… Nicht nur vor Autos muss man auf der Hut sein, auch unter uns Radfahrern kann es mal krachen. So wurde Bernis Vordertasche von Domis Fahrradständer aufgespießt – doch mit Kleber und einem Stück Zeltplane wurde alles wieder (hoffentlich!) wasserdicht verschlossen.

Unsere Reise in die nördliche Hälfte des Landes war für uns vor allem kulinarisch ein Highlight: Wir radelten früh morgens los und machten den ersten Einkehrschwung bei einer Bäckerei. Wir holten süße Leckereien und fuhren weiter in ein Kaffee. Für Berni gab es dann einen Kaffee und für Domi Kakao (trotz Zeitmangel war dies unser fixer Bestandteil im Tagesablauf) 😉 Unser Zelt stellten wir abends meist in mitten der Reisfelder auf, wo es manchmal kleine Oasen an Wiesenflächen gab. Auf diesen Wiesenflächen waren häufig Grabsteine zu finden, aber da diese Wiesen meist die einzigen freien Flächen in dem recht dichtbesiedelten Land waren, blieb uns zum Zelten oft keine andere Wahl. Am Abend kamen meist Einheimische vorbei, welche am Reisfeld gearbeitet hatten und uns beim Kochen und Zeltaufbau gesehen hatten. Sie waren immer recht interessiert und freundlich. Wir hatten also durch die Bank immer gute Erfahrungen gemacht und wurden nie von unserem Zeltplatz vertrieben, obwohl Wildcampen in Vietnam eigentlich verboten ist.

Nach etlichen intensiven Tagen am Sattel fuhren wir dann endlich mit der Fähre auf die Insel Cat Ba. Dort angekommen ging es über etliche Hügel in die Innenstadt dieser kleinen Insel. Leider war uns der Wettergott nicht besonders gnädig gestimmt. Wir waren auf vier Tage klettern eingestimmt – doch der Regen lud dann eher zum Kaffee- und Kakaotrinken ein. Trotz der misslichen Wetterlage konnten wir aber dennoch zwei Tage klettern gehen, da einige vorwiegend überhängende Routen trocken waren.

 

Nach unserem Inselausflug ging es dann in die Hauptstadt Hanoi. Wir hatten bereits von Kamboscha aus einige Ersatzteile für unsere Fahrräder in dort ansässige Fahrradläden bestellt. In den letzten Tagen vor der Ankunft in Hanoi machten dann noch weitere Teile unseres Equipments schlapp: Bernis Felgen waren aufgeplatzt, das Bremsseil fast gerissen und der Pufferakku unseres Narbendynamos war auch hinüber. Wir freuten uns daher sehr auf eine Generalsanierung für unsere Fahrräder. Das Team von „Lam Velo“ hat innerhalb von 3 Tagen dann alle Hebel in Bewegung gesetzt, um unsere Räder wieder in Schuss zu bringen – und das mit Erfolg 😉

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Wir konnten in den vier Nächten in Hanoi bei einem Gastgeber von Warmshowers unterkommen. Unser Gastgeber Quynh ist gebürtiger Vietnamese, wuchs aber in Frankreich auf und spricht fließend Französisch. Mittlerweile arbeitet er wieder in Vietnam und fährt jedes Jahr für 1-2 Monate nach Frankreich zum Radfahren. Wir fühlten uns bei ihm also gut aufgehoben und genossen es sehr, mit ihm über seine Reisen und das Leben in Vietnam zu sprechen.

Ausgeruht und mit vollem Tatendrang ging es auf unseren generalsanierten Fahrrädern weiter zur chinesischen Grenze. Zwischendurch wurden wir sogar von einer Herde Entenkinder begleitet (Sie folgten uns auf Schritt und Tritt. Wir vermuten, dass sie uns aufgrund der gelben Taschen für ihre Mütter gehalten haben 😉 ). Es ging weiter über hügeliges Gelände, vorbei an vielen Holzverarbeitungsfabriken und Restaurants.Wir konnten bei manchen Streetfood-Ständen unseren Augen kaum trauen – da gab es neben Hühnchen am Spieß auch Hündchen am Spieß… Naja, Geschmäcker sind eben verschieden. Da waren die vielen Ananas-Straßenstände eher nach unserem Geschmack – und glechzeitig hatten wir Mikrophone für unser Vietnam-Morgenjournal 🙂

Vietnam war rückwirkend betrachtet ein Land des Abschiednehmens – wir nahmen Abschied von vielen Dingen, die uns in den letzten Monaten sehr vertraut wurden. Es gab so gut wie keine buddhistischen Tempel mehr, wir sahen keine buddhistischen Mönche mehr bei ihren Morgenrunden durch die Dörfer und auch das Klima war nun kühler und regnerischer. Dominik hat im Vorbeigehen seine Haare verloren – sehet selbst 😉 Ebenso verlor Domi Luft aus seinem Hinterreifen – er kassierte den dritten „Patschen“ auf unserer Reise. Darüberhinaus haben wir in Vietnam auch etliche Kilos verloren. Dank unserer „Radikaldiät“ wurden wir um ganze 21,5kg leichter – wir haben also so richtig abgespeckt. In Hoi An haben wir ein Paket mit allerhand überflüssigen Dingen nachhause geschickt (Domis neuer Anzug, diverse Ersatzteile usw.). Wir haben auch die Vaseline nachhause geschickt, die uns unser Freund Lechner Christoph bei unserer Abschiedsfeier in weiser Voraussicht geschenkt hatte. Wir waren nun sechs Monate ohne wunde Pos unterwegs gewesen – die Vaseline schien uns also überflüssig. Dachten wir… Wenige Tage nachdem wir das Paket abgeschickt hatten bekamen wir plötzlich Druckstellen von unseren Sätteln – na toll! Doch dank Bernis Hebammentricks waren die Schmerzen bald wie weggeblasen: Pflege des Hinterns mit Öl, viel frische Luft dazu und Windelsorte … äh, Radelhose wechseln. Schon war alles wieder im grünen Bereich! 😉

 

In Hanoi schickten wir dann noch unser Kletterequipment nachhause. Richtung China würde es stark bergauf gehen, daher wollten wir den zusätzlichen Balast noch loswerden. Dies war auch ein Abschied mit schweren Herzens, denn in China würde es tolle Klettergebiete geben. Doch unsere Zeit in China wird sehr begrenzt sein, denn das Land ist riesengroß und unser Visum ist nur für einen Monat gültig. Aber mehr dazu lest ihr dann im nächsten Eintrag! 😉

Kambodscha

Liebe Koga-Bikes – möchtet ihr uns nicht nachhause bringen?

Nach Thailand ging es nun ins Radreiseland Nummer 6 – Kambodscha. Wir hatten ehrlich gesagt eher gemischte Gefühle bei der Einreise, da uns etliche thailändische Bekannte gewarnt haben, dass wir in Kambodscha beim Campen vorsichtiger sein sollten. Auf der Seite des Österreichischen Außenministeriums wird auch vor dem noch immer bestehenden Risiko der Landminen gewarnt – man solle auf keinem Fall auf eigene Faust im Umland abseits der Wege herumlaufen. Wir waren uns also einig: unser Zelt werden wir nur dort aufstellen, wo wir mit keiner Minengefahr zu rechnen haben. Bei der Einreise nach Kambodscha über die Stadt Osmach wurden wir mit einer landschaftlich schönen Aussicht begrüßt. Das Visum erhielten wir ohne Probleme vor Ort an der Grenze. Insbesondere Dominik verliebte sich sofort in das Land – gleich nach der Grenze erhielten wir Baguettes zu kaufen – der perfekte Snack für zwischendurch. Unser nächstes Ziel hieß Siem Reap, wo wir uns mit Dominiks Familie und Freunden treffen wollten. Die beiden Nächte am Weg nach Siem Reap fragten wir bei Tempelanlagen, ob wir hier unser Zelt aufstellen / oder Moskitonetz spannen könnten. Wir wurden trotz sprachlicher Barrieren immer herzlich aufgenommen. Wir stellten ebenfalls fest, dass viele Händler, welche mit ihren Moped-Verkaufsständen durch das Land fahren, ebenso bei Tempel übernachten. Somit verbrachten wir die Nächte  fast immer in Gesellschaft mit Matratzen-, Geschirr- und Blumenhändlern. Manchmal wurden wir auch von den Tempelkatzen und -hunden belagert/bewacht. So kam es auch, dass wir hin und wieder am frühen Morgen aufwachten, und sich die ein oder andere Katze in unser Moskitonetz gekuschelt hatte. Einmal spazierte zu unserer Überraschung ein freilaufendes, groß ausgewachsenes Schwein vorbei (bei den Tempelanlagen gibt es eben allerhand Haustiere).

Vor lauter Vorfreude auf unseren Besuch von zuhause erreichten wir Siem Reap bereits etliche Stunden vor der Ankunft unserer „Gäste“ 🙂 Wie immer ging es zuerst unter die Dusche und danach in frische und saubere Kleidung.  Lange haben wir auf unseren Besuch hingefiebert, endlich war es so weit.  Wir waren wieder mal super nervös und voller Vorfreude. Wir treffen unterwegs zwar immer wieder andere Radfahrer, und auch mit Locals sind wir durch Couchsurfen regelmäßig im Kontakt, aber es ist doch etwas anderes wenn die Familie zu Besuch kommt. Ebenso freuten wir uns schon besonders auf unsere „Essensbestellung“ von zuhause: wir bekamen Milkaschokolade, Knabbernossi und echtes Brot (kein weißes Toastbrot) 😉 Als Gegenzug besorgent wir für unseren Familienbesuch frittierte Bananen (unser Lieblings-Streetfood hier in Kambodscha).

Wir verbrachten gemeinsam drei Tage in Siem Reap , wobei wir die berühmten Tempelanlagen von Angkor Wat besichtigten – ein Weltkulturerbe. Leider sind wir aber erst am späten Vormittag unseres Besichtigungstages aus dem Bett gekommen, da wir am Abend davor etwas zu tief in das ein oder andere Bier- und Cocktailglas geschaut haben… 🙂 Zur Sicherheit wurden daher etliche Plastiksackerl für die Tuktuk-Fahrt eingepackt, man kann ja nie wissen. Uns war allen etwas flau im Magen, aber am Nachmittag waren wir dann wieder halbwegs fit. Ein Teil der Gruppe verbrachte aber trotzdem den Vormittag lieber im Schatten mit den Affen anstatt in den Tempelanlagen – safety first 🙂 Am nächsten Tag ging es dann zu einer Mauntainbike-Tour ins Umland von Siem Reap – sechs schwitzende ÖsterreicherInnen und zwei rasend schnelle Guides. In der heißen Vormittagssonne ging es auf sandigen Wegen durch kleine Dörfer. Einer der Guides schnitt zwischendurch kurzerhand seine lange Hose mit einer Schere ab – gut zu wissen, dass nicht nur uns die glühende Sonne zu schaffen macht 🙂

Nach den drei Tagen in Siem Reap fuhren wir gemeinsam mit dem Bus nach Phnom Penh, die Hauptstadt von Kambodscha. Nach einem kurzen Schockmoment am Weg in die Stadt – der Busfahrer hätte Berni und eine andere Reisende fast am Klo einer Tankstelle vergessen – kamen wir doch noch alle sechs in Phnom Penh an. Am Weg in das Hotel lieferten wir uns einen knallharten Wettkampf aus – Domi und Berni am Fahrrad gegen Georg, Nicole, Max und Philipp im Tuktuk. Die zahlreich überquerten Gehsteigkanten haben sich gelohnt – so wurden wir beide von unseren Besuchern auf ein Gewinnerbier eingelanden 🙂 Besonders genossen wir den Pool am Dach des Hotels und den Pool im Erdgeschoss. Außerdem kam in uns bei den intern veranstalteten „Wett-Tauch-Sessions“ das innere Kind wieder zum Vorschein 😉

Swimming

Den letzen Abend unseres gemeinsamen Urlaubs verbrachten wir ganz anders als erwartet – nämlich im Publikum eines Thai-Boxing Wettkampfes. Wir waren allesamt sehr nervös und gespannt, was uns dort erwarten würde. Zu unserer Überraschung waren wir mitten drin in einer landesweiten Live-Übertragung des Kampfes. Thailand gegen Kambodscha stand am Plan, und wir waren fasziniert von den tänzelnden Bewegungen der Boxer (und natürlich von ihrer Schlagfertigkeit).

Schweren Herzens verabschiedeten wir uns nach einem sechstägigen Urlaub von unseren Besuchern. Für uns ging es im Anschluss mit dem Fahrrad weiter nach Kampot, an die Küste des Landes. Leider war der Strand alles andere als einladend – Müll, Algen und wir mussten auch noch „Eintritt“ zahlen. Wir bezogen für vier Tage einen kleinen Bungalow am Prek Tuek Chhou-Fluss, wo das Baden mehr Spaß machte. Apropos Spaß: Der eigentliche Grund warum wir nach Kampot geradelt sind war, dass wir hier wieder ein Klettergebiet zur Verfügung hatten. Wir haben gegen jede Vernunft unser Zusatzgepäck von rund 10kg behalten (50m Seil, Expressschlingen, Karabiner, Gurte usw.), anstatt es wie gedacht unseren Besuchern wieder mit nachhause zu geben. Aber was tut man nicht alles für sein Hobby. Darüber hinaus war das Klettergebiet namens „Climbodia“ sehr sehenswert – klein, aber fein!

Im Anschluss radelten wir wieder in die Hauptstadt Phnom Penh. Dort konnten wir für zwei Nächte bei Gastgebern (Colin und Kathleen) von Warmshowers übernachten. Bernis Fahrradkette machte leider zunehmend Probleme beim Treten – Die Kettenblätter waren schon besonders abgenutzt, ebenso die Ersatzkette. Am dritten Tag verabschiedeten wir uns von unseren Gastgebern und fuhren schon fertig bepackt zur Weiterfahrt bei einem Fahrradshop vorbei. Nach dem Kauf einer neuen Fahrradkette machten wir uns auf, um aus der Stadt hinauszufahren. Plötzlich gab aber Domis Fahrrad den Geist auf – der Freiläufer drehte durch – sprich, das Hinterrad drehte sich nicht mehr mit beim Treten. So standen wir also völlig ratlos und verzweifelt am Straßenrand, bereits etliche Kilometer vom Fahrradshop entfernt. Wir schrieben unserem Gastgeber Colin von Warmshowers, ob er uns erneut für eine Nacht aufnehmen könnte. Glücklicher Weise antwortete er sehr rasch mit „Ja, natürlich“. Somit wurder der Abschleppdienst von und mit Bernadette Wieser ins Leben gerufen: Domi hielt sich den rund 8 km langen Weg zurück zu unserem Gastgeber bei Bernis Fahrrad an. Dank Colins guter Werkzeugausrüstung konnten wir die Kassette des Fahrrads abnehmen. Wir verbrachten den gesamten Nachmittag damit etliche Fahrradshops der Stadt abzuklappern, immer auf der Suche nach einem neuen Freiläufer. Leider konnte uns niemand helfen, wodurch wir am Abend über einer Frust-Pizza das weitere Vorgehen besprachen (Krisensitzung a la grande…). Wir steckten also in der Hauptstadt fest, Domi konnte keinen Meter mit dem Fahrrad fahren und auch Bernis neue Kette ratterte nur so dahin (die neue Kette half leider nichts auf den alten Kettenblättern – es hätte alles ausgetauscht werden müssen). Die gewünschten Ersatzteile waren leider scheinbar nirgends erhältlich. Von vielen anderen Radfahrern wussten wir, dass es erst wieder in Vietnam (Hanoi) große Fahrradshops geben sollte. Wir konnten aber aufgrund des bereits gemachten Vietnamvisums erst in zwei Wochen einreisen. Der Notfallplan lautete daher: Zwei Wochen in Phnom Penh Däumchen drehen und dann mit dem Bus nach Hanoi fahren, da wir nicht radeln konnten. Zum Glück schliefen wir noch eine Nacht darüber und begaben uns am nächsten Morgen erneut auf die Suche. Auf einem Markt fanden wir bei einem sehr kleinen Fahrradladen einen Mann, welcher uns ein altes Hinterrad besorgen konnte. So baute Dominik den Freiläufer eines anderen Fahrrades in sein Hinterrad ein und et voilà – wir waren wieder mobil! Bernis Kette ratterte leider immer noch teilweise durch, aber auf bestimmten Gängen war der Halt noch gut. So fuhren wir nach zwei Tagen Verzögerung doch noch mit dem Fahrrad weiter (bestellten aber trotzdem schon vorab etliche Ersatzteile in einem Fahrradshop in Hanoi, damit wir spätestens dort ein paar abgenutzte Teile austauschen können).

Kambodschas Norden überraschte uns mit einer für uns schöneren Landschaft als im Süden. Leider waren etliche Straßen nicht besonders gut zu befahren, und unsere Nasen waren permanent mit Staub von den Schotterpisten verstopft. Am Abend staunten wir oft nicht schlecht wie viel Staub und Schmutz an unseren Beinen klebte. Nach etlichen Powertagen am Rad ohne Pause erreichten wir dann schlussendlich doch noch die Grenze zu Vietnam – alles „in time“. Wir waren sehr erleichtert, dass unsere Fahrräder so tapfer dabei waren und kaum Probleme machten. In diesem Sinne hieß es – auf nach Vietnam!

Thailand 2.0

Lazy days in Thailand

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Am Vormittag noch am Felsen mitten in einer Kletterroute, am Nachmittag wieder in der prallen Sonne im Sattel – so gestaltete sich unser Abschied von Laos. Nach fast einer Woche „Kletterurlaub“ hieß es nun wieder radeln, schwitzen, noch mehr schwitzen und Schlafplätze suchen.Unsere erneute Einreise nach Thailand gestaltete sich einfach und reibungslos – Stempel in den Pass und fertig. Da es schon zu dämmern begann, fragten wir in alter Manier bei einem Tempel nach, ob wir unser Zelt am Gelände aufstellen könnten. Ein Einheimischer verwies uns auf einen Campingplatz, welcher laut ihm gleich in der Nähe sein sollte. Eine ganze Kinderbande eskortierte uns auf ihren Fahrrädern zum vermeintlichen Zeltplatz. Als die Kinder uns auf einem Stück Wiesenfläche am Flussufer des Mekong absetzten, bestätigte sich unser Verdacht, dass es sich doch nicht um einen offiziellen Campingplatz handelte. Nichts desto Trotz fühlten wir uns dort am Fluss gleich wohl – für die figurbewussten Thailänder gab es dort eine Reihe von Fitnessgeräten, die man kostenlos benutzen konnte (wenn uns auch der Nutzen – oder die Handhabung – bei einigen der Geräten nicht ersichtlich war). Als wir uns auf den Rasen setztn und zu kochen begannen, waren wir in kürzester Zeit umringt von einer Schar Kinder, Sportgerätebenutzern und vorbeifahrenden Radfahrern. Der Blickfang war wie immer unser kleiner Campingkocher. Somit fühlten wir uns wie die TV-Köche Andi und Alex, umringt von faszinierten Zusehern unseres Abendessen-Kochprogramms. Als es dunkel wurde legten wir lediglich die Schalfmatten zwischen unsere Fahrräder und spannten das Moskitonetz über uns und die Räder – somit hatten wir ein luftiges Tausend-Sterne-Himmelbett im Freien. Der einzige Besucher in dieser Nacht war ein einsamer – aber friedlicher – Straßenhund.

Thailand stellt ein wahres Paradies für Radfahrer dar – die Straßen sind fast durchgehen in einem guten Zustand (auch die kleinen Nebenstaßen! 😉 ) und man kommt mit Englisch (und manchmal Händen und Füßen) gut durch. Da wir bis zu unserer Einreise nach Kambodscha noch relativ viel Zeit hatten, die Grenze jedoch nicht mehr allzuweit entfernt lag, gestalteten sich unsere Tage im Osten des Landes sehr gemütlich: wir fuhren jeden Tag rund 60 km, machten eine große Mittagspause mit Kochen und Verdauungsschläfchen und hatten obendrein noch genug Zeit, um schöne Schlafplätze zu suchen. Wir peilten am späten Nachmittag meist Seen an, um dort unser Nachtlager aufzuschlagen. Einmal wurden wir besonders vom Glück geküsst: Am Nong Han Lake (nahe der Stadt Sakon Nakhon) fanden wir unsere „eigene“ menschenleere Insel, auf der sich ein kleiner offener Bungalow befand. Diese Insel erreichten wir über einen rund 1 km langen Steg. Anfangs waren wir skeptisch, ob wir dort überhaupt einen Schlafplatz finden könnten, da auf unserer Karte nichts eingezeichnet war. Gott sei Dank haben wir es aber auf gut Glück probiert! Auf dieser Insel haben wir eine Nacht im Moskitonetz zwischen unseren Fahrrädern verbracht – inklusive wunderschönem Sonnenaufgang vom Bett aus. 🙂 Da leider kein Steg in den See hineinreichte, mussten wir einen anderen kreativen Weg finden, um Wasser zu schöpfen. Dank Dominiks Gelenkigkeit wurde auch dieses Problem gelöst – sehet selbst 😉

Unser Weg führte uns durch eine schönen, herbstlich aussehenden Nationalpark. Das rund 8-10 kg schwere Zusatzgewicht machte sich bei der hügeligen Landschaft aber gleich bemerkbar. Seit Laos haben wir ein 50 Meter langes Kletterseit, Kletterschuhe, Gurte, Karabiner, Expressschlingen und Bandschlingen dabei – unsere gesamte Kletterausrüstung eben. Aber was tut man nicht alles für sein Hobby 😉 Der 5 kg schwere Reissack, den wir im Supermarkt gekauft haben, hat unsere Gewichtssituation bestimmt auch nicht verbessert (aber wer kann bei Mengenrabatt schon wiederstehen?).

Dankenswerterweise fanden wir in Thailand auch immer wieder einen Zeltplatz bei Tempelanlagen. Die vielen Hunde der Mönche fanden uns als Besucher immer sehr interessant – vor allem die verspielten Welpen. Manchmal mussten wir sehr kreativ werden, um uns die Hunde beim Kochen vom Leibe zu halten (Mit Spielstöckchen eine Runde zur Sitting-Buddha-Statue laufen usw. 🙂 ) MERKE: Lass niemals deine Schuhe über Nacht vor dem Tempel stehen! Die 8! Hunde eines Tempels haben Bernis Sandalen zum Spielen geklaut und irgendwo am Gelände versteckt. So wurden die teilweise zerkauten Schuhe erst nach einer Stunde des Suchens am frühen Morgen wieder gefunden…

Zwischendurch feierten wir auch Bernis Geburtstag. Ihr einziger Wunsch war es, guten Kaffee zu trinken – gesagt, getan. Wir planten unseren Tag so, dass wir am Nachmittag eine Tankstellenraststätte namens „Cafe Amazon“ erreichen würden. In der Früh nach dem Aufstehen gab es Instantkaffee frisch zubereitet auf unserem Campingkocher, am Vormittag dann Kaffee aus der Dose bei einem Shop und am Nachmittag zur Krönung einen Kaffee bei „Cafe Amazon“. Der Tag gestaltete sich sehr schön – nur konnten wir am Abend aufgrund der Koffeinüberdosis nicht einschlafen :-).

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Nach fast zwei Wochen durchgehendem Radeln kamen wir in Sangkha, ein Ort in der Nähe der kambodschanischen Grenze, an. Dort verabredeten wir uns mit einer Gastgeberin von Warmshowers (eine Plattform, wo Fahrradfahrer eine Couch/Unterkunft gratis zur Verfügung stellen – ähnlich wie Couchsurfen). Da unsere Gastgeberin selber nicht zuhause war, wurden wir von ihrer Mutter, Freundinnen und ihrem Bruder in Empfang genommen. Wir waren wieder einmal von der Gastfreundschaft dieser Plattformbenutzer und Benutzerinnen begeistert: Wir hatten ein eigenes kleines Gartenhaus für 3 Nächte inklusive Klimaanlage – der pure Luxus für uns. Die Freundinnen unserer Gastgeberin nahmen uns zu Ausflügen mit und wir wurden vom Fahrradclub dieses Ortes zum Essen eingeladen. Als Berni am vorletzten Tag Fieber bekam, lud uns die Mutter unserer Gastgeberin ein, noch einen Tag oder länger zu bleiben. So verbrachten wir 4 Nächte im gemütlichen Gartenhaus. Das Fieber wurde in zwei Nächten vollständig „rausgeschwitzt“ und wir waren bereit zur Weiterreise. Zum Abschied radelten wir mit „Superman“ und „Spiderman“ (zwei Mitglieder des Fahrradclubs) gemeinsam ein Stück unseres Weges. Als Proviant bekamen wir noch zwei Säckchen frische Bananenmuffins mit (welche leider bereits nach wenigen Minuten vollständig verspeist waren… 🙂 ).

Unser letzter Stop in Thailand war bei Siraporn, ebenfalls eine thailändische Gastgeberin von Warmshowers. Seit einem Unfall in ihrer Kindheit ist sie auf einem Auge blind und auf einem Ohr taub. All das hat sie aber nicht davon abgehalten, die ganze Welt zu bereisen. Sie ist jetzt 59 Jahre alt, ihre Kinder sind erwachsen und sie lebt ihren Traum – Radreisen. Vor 10 Jahren hat sie ihr Haus und ihr Auto verkauft, hatte Geld gespart indem sie teilweise 3 Jobs gleichzeitig hatte und fährt seither auf der ganzen Welt mit ihrem Reisefahrrad. Die kleine „Hütte“, wie sie ihre Unterkunft in Thailand nennt, besteht nur aus einem Schlafzimmer, einem Bad und einer kleinen Küche, welche sie auch für Warmshowersgäste zur Verfügung stellt. Wir lernten in den 2 Tagen bei ihr auch den 83-jährigen Jürgen aus Deutschland kennen. Die beiden haben sich bei einer von Siraporns Radreisen in Deutschland kennengelernt und sind nun sehr gute Freunde. Mit leuchtenden Augen erzählte uns Jürgen, dass er nie geglaubt hätte, in diesem Alter nochmal solche Abenteuer zu erleben. Vor wenigen Jahren hat er Sira kennengelernt und ist seither öfters mit ihr auf Reisen. Da er nicht mehr alles mit dem Fahrrad fahren kann, begleitet er sie Abschnittsweise mit seinem Campingbus.

Am 31.1. radelten wir voller Vorfreude (und in Begleitung von Sirapon) zur kambodschanischen Grenze. Bald schon werden wir dort Dominiks Familie treffen. Mehr dazu aber erst im nächsten Eintrag 😉

Laos

Zwei Wasserratten gehen an Land

Nach unserer abenteuerlichen Woche am Mekong, dem Verkauf unseres geliebten Fischerbootes namens „Mary Poppins“ (dieses Holzboot hat uns eben auf dem Fluss so gut behütet wie ein Kindermädchen 😉 ) und den festlichen Weihnachtstagen mit Bernis Familie in Luang Prabang, ging es wieder mit den Fahrrädern weiter. Auch der erste kaputte Fahrradschlauch wurde vor der Weiterreise feinsäuberlich geklebt (eine Prämiere für Berni, welche noch nie zuvor einen „Patschen gebickt“ hatte). Das nach der Abreise unserer lieben Familie aufkommende Heimweh konnten wir nach einer Weile gut überspielen, da wir nun nicht mehr zu zweit, sondern zu dritt mit den Fahrrädern unterwegs waren. An unserem letzten Abend in Luang Prabang (Laos) trafen wir uns mit Naill, einem vierundzwanzigjährigen Radreisenden aus Irland, welchen wir in Myanmar kennengelernt hatten. Wir hatten mit Naill damals in Myanmar nur rund 10 Minuten am Straßenrand geplaudert bevor er weiterfuhr. Durch den Austausch unserer Handynummern blieben wir aber im Kontakt – mit der Hoffnung, in Laos dann ein paar gemeinsame Tage zu radeln. Erst am Abend vor der Weiterreise bemerkten wir, dass Naill eigentlich geplant hatte Richtung Norden weiterzufahren, und wir beide eigentlich nach Süden fahren wollten. Wir mussten alle drei herzhaft lachen – immerhin waren wir bereits seit Wochen im Kontakt wegen der gemeinsamen Weitterreise ab Lung Prabang, hatten jedoch nie darüber gesprochen, welche Route am Programm stehen würde. Da wir beide schon eine Reservierung für den Campingplatz „Green Climbers Home“ in Thakhek hatten und Naill sehr flexibel war, radelten wir in den Süden des Landes. Naill freute sich sehr darüber endlich wieder einmal zu Zelten, da er als Alleinreisender fast ausschließlich in Guesthouses schlief. Für die erste Nacht als Radfahrergruppe suchten wir uns einen schönen Zeltplatz an einem Fluss. Als wir uns bereits zum Schlafen hingelegt hatten bekamen wir Besuch von der Polizei. Die Polizisten wollten uns dazu überreden, in einem Hotel zu nächtigen. Dank unserer Überredenskünste konnten wir nach einer halbstündigen Passkontrolle und etlichen Telefonaten mit dem Headofficer in unseren Zelten bleiben.

Die gemeinsame Radeltour führte uns weiter Richtung Vang Vieng. Berni ging es leider zusehends schlechter – schon am letzten Abend in Luang Prabang fühlte sie sich schon etwas erkältet und krank. Nach zwei Tagen am Fahrrad ging es dann auch Dominik ähnlich – Kraftlosigkeit, Erkältungssymptome und Fieber. Naill fühlte sich weiterhin gesund, hatte aber auch nichts gegen eine kleine Pause in der Stadt Vang Vieng einzuwenden. So verbrachten wir zwei Nächte in einem kleinen Guesthouse, wobei wir streng das Bett hüteten und nichts taten außer essen und schlafen. Am 31. Dezember waren wir wieder fit und bereit zur Weiterreise. Naill traf ein paar Freunde, welche er unterwegs kennengelernt hatte, und entschied sich spontan noch eine Nacht in Vang Vieng zu bleiben. So verbrachten wir beide den Jahreswechsel zu zweit außerhalb der Stadt in einem kleinen Ort. Für den Silvesterabend schlugen wir unser Zelt vor einer Schule auf, kochten ein festliches Campingkocher-Menü (Fladenbrote mir Knoblauch, Gemüsereis und Kartoffelchips) und tranken ein Bier. Zuvor fragten wir natürlich, ob wir hier zelten dürften. Am Schulgelände war nichts los, nur eine Gruppe von Leuten, welche reichlich Bier tranken und zu laotischen Liedern karaoke sangen (ein sehr lautes, aber lustiges Abendprogramm für uns Zuhörer 🙂 ). Wir gingen jedoch zeitig schlafen und bekamen den Jahreswechsel kaum mit.

Die nächsten Tage fuhren wir gemütlich weiter. Am 4.1. feierten wir Dominiks Geburtstag – welcher den ganzen Tag (und weil er so lieb gefragt hat auch schon am Tag davor) immer aussuchen durfte was es zu essen gab (und wie es unsere langjährige Tradition verlangt, auch sonst bestimmen durfte, was wir an dem Tag unternahmen). Aufgrund unserer Resvervierung am Campingplatz in Thakhek mussten wir aber jeden Tag ohne Pause weiterfahren, um rechtzeitig anzukommen. Dadurch, dass sich Naill leider einmal verfahren hatte und dann auch noch krank wurde, stieß er leider erst einige Tage später wieder zu uns dazu, um gemeinsam weiterzufahren. Landschaftlich gefiel und Laos zum Radfahren sehr gut – etliche Flüsse und Berge verschönerten den Ausblick beim Radeln. Gemeinsam mit Naill verbrachten wir noch eine letzte Nacht in einem Tempel, bevor er sich Richtung Vietnam aufmachte, und wir beide weiter in den Süden von Laos düsten. Da Naill einen besonders lustigen großen Helm hatte (mit dem er aussah wie ein Pilz), nannten wir unsere Fahrradbande „Mushroom Heads“. Der Vereinsname wurde dann noch ausgebaut zu „Mushroom Heads Dirt Bikes“, da unsere Fahrräder vom vielen Straßenstaub richtig schmutzig waren. Leider gaben unterwegs Bernis Schaltseile den Geist auf – Dank Dominiks handwerkliches Geschick wurden diese aber ratz-fatz repariert.

Die Vorfreude auf Thakhek war bei uns beiden schon unendlich groß. Dank unserem Weihnachtsbesuch (Magi, Markus, Stephan) hatten wir unsere gesamte Kletterausrüstung nun dabei (Fluch und Segen zugleich – Seil und Co. hatten doch einiges an Zusatzgewicht, unser Budget konnten wir aber durch die entfallene Ausleihgebühr für das Equipment entlasten). Unterwegs nach Thakhek lernten wir einen älteren Herrn aus Kanada kennen, welcher mit seinem Klapp-Fahrrad mit selbst eingebauten Motor durch Südostasien düste – wahrlich beeindruckend. Die Nacht vor unserer Ankunft am Kletter-Campingplatz „Green Climbers Home“ verbrachten wir in einer kleinen leerstehenden und an allen Seiten offenen Holzhütte, welche es in diesen Ländern zahlreich gibt (sie werden meist unter Tags genutzt, um bei der Arbeit am Feld als schattenspendende Pausenplätze zu dienen). Wir spannten lediglich unser Moskitonetz in dieser kleinen Hütte und hatten somit ein wahrliches Freilufthimmelbett.

Am Campingplatz des „Green Climbers Home“ angekommen schulgen wir unser Zelt für die nächsten 7 Nächte auf. Wir bauten sogar unsere eigene kleine Küche unter unserem Moskitonetz auf (trotz Kochen konnten wir es uns aber nicht verkneifen jeden Abend einen Pancake mit Schokolade zu bestellen – so viel Luxus musste dann schon sein nach dem Klettern 😉 ). Besonders freuten wir uns auf erneuten Besuch von zuhause: zwei sehr gute Freunde (Marie und Roland) machten einen Abstecher auf ihrer Südostasienreise nach Thakhek zum Klettern :-)Im Klettercamp trafen wir auf Radreisende, welche uns sehr inspirierten: Ein belgisches Paar hatte sich für 3 Monate mit ihren beiden Kindern (4 und 6 Jahre) mit den Reisefahrrädern aufgemacht, um Thailand, Laos und Kambodscha zu erkunden. Die Fahrräder hatten eigene Sitze für die zwei Kinder und das Gepäck betrug pro Person fast 100 kg. Wir beide waren sprachlos – immerhin jammerten wir mit unserem vergleichsweise leichten Gepäck beim Bergauffahren schon was das Zeug hielt. Das belgische Paar hatte bereits eltiche Fahrradreisen gemeinsam unternommen (vor allem in Südamerika), dies war jedoch die erste Radreise mit den Kindern. Wir bewundern diese Familie sehr für ihr Durchhaltevermögen und den Mut, so eine abendteuerliche Reise mit ihren Kindern zu unternehmen.

Die Woche im Klettercamp verging gefühlt zu schnell für uns (kaum geht man 2x auf das selbe Klo, schon fühlt man sich wie zuhause und möchte am liebsten bleiben 🙂 ). Jeden Tag besuchten wir zahlreiche Felsabschnitte mit den verschiedensten Schwierigkeitsgraden, plauderten mit anderen Kletterern und reparierten zwischendurch unserer Fahrräder. Ein besonderes Highlight war eine Mehrseillängenklettertour, bei der wir in der Dunkelheit vor Sonnenaufgang mit unseren Stirnlampen in die Felswand einstiegen. Solche Touren hatten wir schon vermisst! Aber wie es so schön heißt „all good things come to an end“ – also bestiegen wir am 15.1.2018 wieder unsere Fahrräder und machten uns nach Thailand auf. Wir freuen uns schon sehr in rund zwei Wochen Besuch von Dominiks Familie in Kambodscha zu bekommen! 🙂

 

Thailand und Mekong

Nach einer letzten schweißtreibenden und gebirgigen Fahrt von Myanmar zur thailändischen Grenze, bekamen wir rasch und unkompliziert unser Visum in der Stadt Myawaddy. In den frühen Abendstunden erreichten wir dann die thailändische Stadt Mae Sot, wo wir uns mit unserer Gastgeberfamilie von Couchsurfing trafen. Wir staunten nicht schlecht, als wir ein eigenes Haus nur für uns zur Verfügung gestellt bekamen. Die dort ansässige Familie baut Reihenhäuser und verkauft diese anschließend. Da ein Haus gerade frei stand, konnten wir für drei Nächte dort bleiben. Wir verbrachten die freien Tage mit der Reparatur unserer Fahrräder und bewegten uns so wenig wie nur möglich (dies gelang uns auch recht gut, da uns unsere Gastgeber ein kleines Moped zur Verfügung stellten – jetzt konnten wir auch zum Einkaufen mit motorisierter Hilfe fahren 🙂 ). Anschließend stattelten wir wieder unsere geliebten Fahrräder und radelten über den nächsten Berg nach Tak. Da wir zu Weihnachten in Luang Prabang (Laos) sein wollten, stellten wir uns mit unserer gesamten Ausrüstung an den Straßenrand und hielten den Daumen zum Autostoppen hinaus. Unser Versuch glückte nach wenigen Minuten und schon waren wir mit samt unseren Fahrrädern auf der Ladefläche eines Pick-Ups verstaut. Beim zweiten Versuch zu hitch-hiken wurden wir wieder von einem Pick-Up mitgenommen. Der Fahrer spannte kurzerhand zwei Hängematten auf seiner hinteren Ladefläche, wodurch wir beide kuschelig und gemütlich die Fahrt genießen konnten. Da der Fahrer kaum englisch sprechen konnte, sagten wir einfach den Ort „Chiang Rai“, welchen wir erreichen wollten. Nach etlichen Kilometern am Highway bemerkten wir, dass der Fahrer nicht mehr Richtung Chiang Rai fuhr, sondern auf eine Nebenstraße abgebogen war. Wir verfolgten die Route aufmerksam auf unserem Handy via MapsMe. Da wir beide aber so gemütlich in den Hängematten dahindösten, beschlossen wir, nichts zu sagen und einfach so lange mitzufahren, bis uns der Fahrer sagen würde dass wir aussteigen sollen. Wir merkten bereits, dass er Richtung Chiang Mai unterwegs war und dachten bei uns, dass es vermutlich ein Kommunikationsproblem war. So kamen wir am frühen Abend in Chiang Mai statt in Ciang Rai an, was uns aber auch nicht störte. Wir konnten noch „last minute“ eine Chouchsurferin finden, welche uns bei sich aufnahm. Sie war OP-Assistenz im öffentlichen Krankenhaus. Sie kam sogar extra gegen 20 Uhr kurz nachhause, um uns zwei in ihr Haus zu lassen, bevor sie wieder in ihre 16-Stunden-Schicht zurückkehrte. In Chiang Mai genossen wir ein paar Spritztouren mit unseren unbepackten Fahrrädern, aßen vielerlei thailändische Köstlichkeiten und freuten uns über die große Auswahl an Produkten in den Supermärkten. 🙂

Nach Chiang Rai nahm uns dann ein großer, mit Steinen beladener Truck mit, welcher uns bis zur Stadtgrenze brachte. Voller Vorfreude endlich wieder mit unseren Fahrrädern unterwegs zu sein, brachen wir Richtung Laos auf. Die Haupt- und Nebenstraßen waren allesamt in einem top Zustand, und auch landschaftlich waren wir von Thailand als Reiseland für Radfahrer begeistert. Wir radelten durch kleine Dörfer, passierten schöne Seen und sahen eine Vielzahl von Reisfeldern. Wie gewohnt konnten wir bei Tempelanlagen nächtigen. Einmal schliefen wir nur unter unserem Moskitonetz, welches wir zwischen unseren beiden Fahrrädern spannten. Ein anderes Mal konnten wir es kaum glauben, da ein Mönch uns einen Schlafplatz unter einem riesigen „Sitting Buddha“ anbot. Vor dieser großen, vergoldeten Statue befand sich ein See, in dem wir in der Nachmittagssonne baden gingen. Wir waren uns beide einig – ein Hotelzimmer kann hier auf keinem Fall mithalten, auch wenn wir wie immer auf unseren harten Unterlegsmatten schliefen. Aber diese Aussicht auf den See und die Buddhastatue war einfach atemberaubend schön.

Nach dieser bezaubernden letzten Nacht radelten wir zur laotischen Grenze. Dort angekommen lernten wir den deutschen Radfahrer Dirk und seinen Kumpel Scott aus Amerika kennen. Wie es unter Radreisenden so üblich ist, verbrachten wir einige Stunden mit dem Austausch an Reiseinformationen zu den Themen Essen, Schlafen und Straßenverhältnisse. Auch die Fahrräder wurden genau inspiziert. Scott erzählte von seinen Reisegeschichten und merkte an, dass das interessante an den Radreisen ist, dass man am frühen Morgen nie weiß, wo man am Abend landen wird. An diesen Ausspruch mussten wir noch oft zurückdenken, insbesondere an diesem einen Tag.

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Als wir am späten Nachmittag mittels „Visa on Arrival“ in Laos einreisten, war unser eigentlicher Plan zeitig einen Zeltplatz zu finden. Wir gingen in ein kleines Restaurant am Hafen des Mekongs, um noch einen Happen zu essen. Unsere Blicke wanderten immer wieder am Ufer dieses großen Flusses entlang, wo wir etliche Fischerboote entdeckten. Beim Essen scherzten wir noch wie schön es wäre, den Mekong auf eigene Faust mit einem Fischerboot hinunterzufahren. Als wir nach dem Essen aufbrachen, um in der beginnenden Dämmerung nach einem Zeltplatz zu suchen machte Dominiks Hinterreifen schlapp – nach rund 3500 km am Fahrrad hatten wir den ersten Platten unserer Reise. Wir standen nun etwas planlos am Straßenrand. Dominik ergriff spontan die Initiative und ging zum Fluss hinab, um ein paar Fischer nach einem Boot zu fragen. Bereits beim zweiten Versuch kam Dominik mit läuchtenden Augen zur Straße herauf und berichtete, dass wir nun Besitzer eines 11 Meter langen hölzernen Fischerbootes seien. Da es schon sehr spät am Abend war, gingen wir zur Übernachtung in ein kleines Guesthouse (da wir ohnehin mit dem platten Reifen keinen Zeltplatz mehr suchen konnten). Nach dem anfänglichen Hoch der Gefühle plagten uns diese Nacht aber etliche Zweifel: Wir konnten am Markt keine Schwimmwesten zum Kaufen finden und wir wussten nicht ob wir die 300 Flusskilometer von Bokeo nach Luang Prabang in 6 Tagen schaffen würden (ein Teil Bernis Familie würde uns dort am 23.12. zu Weihnachten erwarten). Als wir an diesem Abend Essensvorräte für die nächsten Tage einkauften, kamen wir mit einem Einheimischen ins Gespräch. Er erzählte von einer Freundin, welche diese Strecke mit dem Boot in 11 Tagen zurückgelegt hatte. Wir waren sprachlos – so viel Zeit hatten wir bei Weitem nicht. Er meinte, mit unserem langen Holzboot würden wir vermutlich 8 Tage brauchen.  Die Fischer am Hafen versicherten uns aber, dass wir es bestimmt in 5 Tagen schaffen können. Wir dachten bei uns, sollten wir es nicht schaffen, müssen wir in Pakbeng (ein Ort am Mekong, welcher ein Zwischenstopp für Touristenboote ist), auf ein sogenanntes Slow Boat (Touristenboot) umsteigen. Nach einer Nacht mit gemischen Gefühlen bezahlten wir am frühen Morgen für unser Fischerboot und bekamen von unserem Verkäufer noch ein Frühstück spendiert. Wir packten unser Gepäck und die Fahrräder in unser Boot und schipperten gegen 8 Uhr morgens los.

Wir waren sofort Feuer und Flamme für diesen Bootstrip. Die Strömung am Mekong war fast duchgehend sehr gut und wir merkten bald, dass sich unser Ziel Luang Prabang in der von uns gewünschten Zeit ausgehen würde. Wir schafften jeden Tag rund 60-65 Flusskilometer. Unser Tag am Wasser begann stets um kurz vor 6 Uhr. In der Dunkelheit bauten wir unser Zelt ab und kochten eine Gemüsesuppe zum Frühstück. Anschließend verbrachten wir den ganzen Tag im Boot und aßen tagsüber nur Bananen, Schokokekse und tranken Sojamilch dazu. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit gingen wir wieder an Land, um unser Zelt aufzustellen. Wir hatten entlang des Mekongs die schönsten Zeltplätze unserer Reise: weiße Sandbänke soweit das Auge reicht! Nachdem wir das Zelt aufgestellt hatten kochten wir uns einen Gemüsereis und gingen zeitig schlafen. Wir fühlten uns diese 5 Tage am Wasser wie im Paradies. Doch wir wüden eine eigenständige Bootsfahrt am Mekong nur mit Wildwassererfahrung empfehlen. Es gibt zahlreiche Verwirbelungen, Strömungswechsel und Strudel, welche täglich unsere ganze Konzentration und Muskelkraft forderten. Besonders schwierig gestalteten sich jene Stellen, bei denen Felsblöcke mitten im Fluss waren und sogenannte Speedbote (besonderes schnelle Motorbote) neben uns vorbeizischten. In Kombination mit Strömungswechsel gestalteten sich diese Stellen als sehr vordernd. Doch dank Dominiks Know-how als Raftguide und Bernis Oberarmkraft konnten wir diese Stellen trotzdem gut meistern. Zur Belohnung gab es aber immer auch sehr ruhige Stellen zum Ausruhen und Landschaft bewundern. Unsere Fahrräder hielten den Strapazen am Wasser auch gut stand und da wir schon voller weihnachtlicher Vorfreude waren, trällerten wir jeden Tag zahlreiche Weihnachtslieder.

Am 22.12. erreichten wir am Nachmittag pünktlich einen Tag vor Ankunft unseres Besuches Luang Prabang. Wir versuchten gleich unser Boot zu verkaufen, doch da wir keine zufriedenstellenden Angebote erhielten, gingen wir zu unserem Guesthouse und verstauten unsere Fahrräder. Am frühen Morgen des nächsten Tages gingen wir wieder zum Hafen und fanden einen Käufer für unser Boot. Wir waren sehr erleichtert, alles vor der Ankunft unserer Familie erledigt zu haben. Wir tanzten zu Weihnachtsmusik im Zimmer auf und ab und begannen, auf unserem Campingkocher einen Kuchen zu backen (ein Überraschungsgeschenk für Bernis Familie). Auch unser Fahrradequipment erhielt eine Weihnachtsgeneralsanierung.

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Wir verbrachten anschließend drei wunderschöne Weihnachtstage mit Magdalena, Stephan und Markus in Luang Prabang. So tropische Weihnachten mit Ausflügen zu Wasserfällen und Tempelanlagen hatten wir Fünf noch nie. Der Abschied viel uns besonders schwer, doch wir sind nun auch wieder voller Energie, um mit dem Fahrrad Laos zu erkunden.

 

 

Myanmar

Tempelrallye 1.0

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Nach unserer letzten Nacht bei einer Polizeistation in Moreh (Indien) kamen wir in Myanamr an. In der ersten großen Stadt nach dem Grenzübertritt besorgten wir uns gleich wieder alle für uns wichtigen Dinge – allem voran wurde ausgekundschaftet, welche Leckereien die Märkte hier für uns bereithalten würden. Unser Blutzuckerspiegel würde auch in Myanmar nicht sinken – gleich nach den ersten Metern fanden wir Shops mit allerlei verschiedenen Kuchen und Stände mit frittierten Teigstangen. Was uns an der Küche des Landes besonders gut gefiel: In jedem Lokal stand eine Kanne Tee am Tisch und man konnte sich immer frei bedienen. Das Angebot an Gemüsegerichten war sehr groß, dieses mal auch für unsere nicht an Schärfe gewöhnten Gaumen verträglich zubereitete Speisen – Herrlich!

Am ersten Abend fuhren wir zur Schlafplatzsuche in gewohnter Manier zu einer Polizeistation. In Indien konnten wir bei Polizisten fast immer einen guten und sicheren Zeltplatz erfragen. Mit den Beamten in Myanmar konnten wir uns leider kaum auf Englisch verständigen, doch dank unserem Bildwörterbuch war schnell klar, dass wir einen Platz für unser Zelt suchten. Anschließend kam noch ein Beamter der Immigration-Police dazu. Er erklärte uns in gebrochenem Englisch, dass wir als Touristen in einem Hotel schlafen müssten. Er sprach davon, dass wir entweder zurück in die Grenzstadt Tamu müssen, oder in die 70 km entfernte Stadt Kalay, da in unserer näheren Umgebung weit und breit kein Hotel war. Nach Tamu zurückzufahren kam für uns nicht in Frage, ebenso war es schon viel zu spät um noch weitere 70 km zu radeln. Ebenso wollten wir uns eine Busfahrt nach Kalay sparen, welche uns die Polizisten aufdrängen wollten. Natürlich sagten wir das der Polizei nicht, bzw. eigentlich schon, aber es verstand uns ja dort keiner. Wir setzten uns einfach auf unsere Räder, winkten freundlich und fuhren einfach weiter. Wir hatten glücklicher Weise noch ein Ass im Ärmel: nach nicht einmal 1 km kamen wir zu einem buddhistischen Tempel und fragten den dort leitenden Mönch, ob wir für eine Nacht bleiben könnten. Er erzählte uns von einigen Radfahrern, die bereits bei ihm übernachtet haben und nahm uns bei sich auf. Umringt von einer großen Kinder- und Hundeschar bereiteten wir erleichtert auf unserem Gaskocher das Abendessen zu. Wir hätten die Mönche gerne als Dankeschön auf das Essen eingeladen, doch wie in fast allen Tempel in denen wir auf unserer Reise bleiben durften, essen die Mönche nach dem Mittagessen nichts mehr. Diese Nacht war die erste von vielen Nächten in den Tempelanlagen von Myanmar. Wir suchten uns gezielt immer kleine Tempel außerhalb von größeren Städten und hatten so wahrlich wunderschöne Unterkünfte. Einzig und allein die Körperpflege gestaltete sich für Berni meist nicht so einfach, da sie sich nicht, im Gegensatz zu Domi und die anderen Männer,  beim Wasserbecken waschen konnte. Dies hatte aber bald ein Ende (nicht wegen der Geruchsbelästigung – nein – sondern weil sich Berni in Bagan ein bodenlanges Tuch gekauft hat, welches als „Duschkleid“ fungierte).

Unser Rhythmus passte sich denen der Mönche an: Am Abend früh ins Bett und am Morgen um 5 Uhr auf (länger kann man sowieso nicht schlafen, weil sie dann lautstark zu beten beginnen und dies über Lautsprecher abspielen 😀 ) Wir lernten auch viele unterschiedliche Mönchs-Typen kennen: von traditionell bis hin zu überdrehte Mönche die uns auf ein kaltes Bier einluden. Und wenn wir einmal bei einem Tempel eine Absage bekamen (manche Mönche wussten eben, dass man als Tourist eigentlich in einem Hotel schlafen muss), so fragten wir in einem anderen Tempel nach oder schlugen unser Zelt im Grünen auf (dies war aber fast nie nötig – wir verbrachten nur 2 Nächte im Zelt).

Da wir von einem Radfahrkollegen die Info bekommen hatten, dass die Straßen zwischen Kalay und Monywa sehr schlecht sein sollen, entschieden wir uns für eine Alternative. Wir fuhren die Strecke mit dem Boot. Auf dem Fluss Chindwin schafften wir so 200km in ca. 8h.  Von hier ging’s wieder weiter mit dem Fahrrad, unser nächstes Ziel war die weltweit wegen ihren Tempelanlagen bekannte Stadt Bagan. Dort angekommen merkten wir beim täglichem Bananenkauf., dass sie hier nicht in unserer Preisliega spielten. Sogar unsere heißgeliebten Frühstücksnudeln kosteten hier das 4-fache. Glücklicherweise fanden wir aber eine günstige Unterkunft bei einer 83- jährigen Hotelbesitzerin. Sie war selbst einst eine Weltenbummlerin: 1955 fuhr sie im zarten Alter von 20 Jahren mit ihrem 18 Jahre älteren Ehemann mit dem Motorrad 2 Jahre um die halbe Welt. Gestartet sind sie in Myanmar- über Indien, Pakistan usw. nach Europa und wieder zurück. Über ihre Reisen hat sie insgesamt 17 Bücher geschrieben. Da wir bei ihr rundum mit Essen verorgt wurden, nannten wir sie insgeheim liebevoll „Bagan-Oma“.  Wir treffen hier auch das erste Mal auf andere Radreisende.

Da wir uns den Zug nach Yangon sparen wollten, läuteten wir die „Power-Tage“ ein. Somit hatten wir 5 Tage zu je 150 km vor uns. Wir radelten also was das Zeug hielt und schliefen wie wir es gewohnt waren in Tempelanlagen. Diese Idylle wurde jedoch leider eines Abends unterbrochen, also wir unerwarteterweise gegen 20 Uhr Besuch von der Immigration Police bekamen. Diese erklärten uns nun zum zweiten Mal, dass wir in einem Hotel schlafen müssten. Da wir uns aber eigentlich schon zum Schlafen hingelegt hatten und ihnen freundlich erklärten, dass wir mit geringem Budget auskommen wollen, ließen sie uns nach einer halben Stunde endlich wieder zu Bett gehen. Unsere Reisepässe hatten sie sich zuvor gefühlt 20x durchgesehen und unzählige Fotos davon gemacht. Die Nachtruhe währte aber nicht lange – um 1 Uhr nachts wurden Taschlampen auf uns gerichtet. Ein Polizist fragte erneut nach unseren Reisepässen. Wir fragten mehrmals ob es ein Problem gäbe – aber die freundlichen Beamten antworteten immer mit „No Problem“. Am nächsten morgen radelten wir wie immer kurz vor Sonnenaufgang weiter – nur waren wir dieses Mal nicht alleine. Zwei Polizisten fuhren in Zivilkleidung mit ihren Motorrädern neben uns her. Zuerst dachten wir sie möchten uns nur den Weg zeigen, doch als die verschiedensten Polizisten uns den Rest des Vormittages lückenlos verfolgten, fragten wir uns doch wozu der ganze Aufwand gut sein sollte. Alle 5 km wechselten sie sich ab. Sogar beim Frühstück setzten sie sich in das selbe Lokal wie wir. Als wir nach der Rechnung fragten, hatten die Polizisten diese bereits bezahlt. Wir bedankten uns herzlich  und fuhren – gefolgt von den Polizisten – weiter.  Anfangs fuhren sie noch offensichtlich, als Polizisten erkenntlich, hinter uns her. Als wir abermals nachfragten ob es ein Problem gäbe, war die Antwort stets „No Problem“. Am Nachmittag begannen die zivil gekleideten Polizisten uns unauffällig zu verfolgen, bzw. machten sie auch heimlich Fotos von uns. Besonders gut waren sie in diesem Detektivspiel aber nicht. Bis zum Abend konnten wir bestimmt 15 „verdeckte Ermittler“ ausmachen. Wir persönlich dachten uns dabei, dass sie nur sichergehen wollten, ob wir die Nacht in einem Hotel verbringen oder nicht. Berni hatte stets ein ungutes Gefühl, doch dank Dominiks aufmunternde Worte (der die ganze Sache eher lächerlich fand), wurde dieser Tag doch noch erträglich. Als uns die ganze Verfolgerei doch zu bunt wurde, begann auch Dominik Fotos von unseren halbprofessionellen Ermittlern zu schießen. Eine der „Detektive“ ließ sich von dieser Aktion abschrecken, wodurch wir eine kurze verfolgungsfreie Pause hatten. Spürhund Dominik hatte einen Volltreffer gelandet – dank ihm bogen wir kurzerhand in einen kleinen schmalen Schotterweg Richtung Wald ab. Am Ende dieses langen Weges war ein kleines buddhistisches Kloster, bei dem wir einen sicheren Unterschlupf  fanden 😉 . Am nächsten Morgen ging das Spiel nach kurzer Zeit wieder von neuem los. Langsam wurden wir fast wahnsinnig – hinter jedem Motorradfahrer könnte ein Polizist stecken. Wir beschlossen also die Beamten nun völlig zu verwirren und fragten den nächsten LKW-Fahrer, ob wir mit ihm in die nächste Stadt fahren könnten. Wir freuten uns sehr einen 150 km „Power-Tag“ am Rad durch eine gemütliche Lastwagenfahrt zu ersetzen. Nebenbei hatten wir die lästigen Polizisten vom Hals. Wie gewohnt schliefen wir den Rest unserer Myanmarreise bei Tempel bzw. bei Couchsurfern (was eigentlich auch nicht erlaubt ist – weil kein Hotel) 😀

In Yangon angekommen freuten wir uns auf eine kleine Pausenzeit bei unserem Gastgeber von Couchsurfing. Zuerst verarzteten wir noch einen kleinen Jungen, der einen Fahrradunfall hatte. Nach dem ganzen Trubel konnten wir in dieser wunderschönen grünen und modernen Stadt gut abschalten. Wir sammelten Kräfte für die letzte Etappe unserer Zeit in Myanmar (indem wir uns einen Tag nur zwischen Bett, Küche und Klo hin- und herbewegten 😀 ) Unsere letzte Radstrecke zur Thailändischen Grenze hielt zwei besonders schöne Schlafgelegenheiten für  uns bereit. Am vorletzten Abend schliefen wir in einem Tempel, welcher in einen Felsen gebaut wurde (mit Blick auf einen großen See). Ein Mönch in unserem Alter zeigte uns bei einem Abendspaziergang die wunderschöne Landschaft. Die letzte Nacht verbrachten wir im Kerzenschein in einem anderen Tempel nahe der Grenze. Überall wurden wir mit köstlichem Essen versorgt. In diesem Tempel wurden zwei 3-jährige Waisenkinder aufgezogen, die Dominik sofort als Spielkamerad belagerten. Wir haben auch unseren ersten Kuchen mit unserem Gaskocher zubereitet. 🙂

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass wir uns in Myanmar (sowie auch im Norosten Indiens) immer wohlfegühlt hatten, obwohl wir mehrmals von einigen Teilen dieser Länder nichts besonders Gutes gehört haben. Immer wieder wurde uns auch am Weg von einer Reise in einzelne Teile abgeraten. Auch das Auswärtige Amt gibt diesen Regionen teilweise die Sicherheitswarnstufe 3.  Wir haben jedoch ausschließlich gute Erfahrungen gemacht und können eine Reise dorthin sehr weiterempfehlen.

 

 

 

 

Der Nordosten Indiens

Überraschung Überraschung

In diesem Teil des Landes staunten wir nicht schlecht über die vielen Facetten die Indien zu bieten hat: Ein Großteil der hier ansässigen Bevölkerung sind Christen, meist sind wir von hügeligem Grünland und Dschungel umgeben und es werden wieder unzählige verschiedene Sprachen gesprochen (da können wir mit unseren paar Brocken Hindi nicht wirklich punkten… 😀 ). Mit Englisch konnten wir uns aber gut durchschlagen, auch wenn wir in vielen Gebirgsdörfern doch so manche Kommunikationsprobleme hatten.

 

Unsere erneute Einreise von Nepal nach Indien gestaltete sich besonders angenehm. Über Couchsurfing hatten wir einen netten Gastgeber in Siliguri gefunden. Wir waren überrascht als sich herausstellte, dass unser Host ein Hotelbesitzer ist. So verbrachten wir einen gemütlichen Abend in einem seiner Hotelzimmer (inklusive Klimaanlage und Fernseher, aber hallo!). Am nächsten Tag beschlossen wir ein Zugticket zu kaufen, um es rechtzeitig an die Grenze zu Myanmar zu schaffen. Ebenso waren wir doch ganzschön ausgepowert, da wir seit unserer Ankunft keinen Tag ohne Radeln oder Wandern hatten (außer an dem Tag wo Domi so Magen-Darm Probleme hatte und wir pausieren mussten, aber das zählt ja nicht so wirklich). Wir freuten uns also schon auf etwas Abwechslung im Zug. Da in wenigen Tagen das alljährliche indische Lichterfest stattfinden sollte, waren die meisten Züge komplett ausgebucht und so bekamen wir nur zwei Plätze für einen Zug der um 2.30 Uhr in der Nacht abfahren sollte. Wir kauften trotzdem die Tickets und verbrachten den restlichen Pausentag mit vielen Snacks vor dem Fernseher (Wer kann bei Rio, The Boss Baby, Findet Nemo und Ice Age schon wiederstehen?).Unsere Fahrräder konnten wir aus Platzgründen leider nicht im selben Zug mitnehmen, daher wurden sie mit einem anderen Zug verschickt. (Tip am Rande: IMMER darauf bestehen, dass die Fahrräder im SELBEN Zug mitgenommen werden. Das war auch der Ratschlag unseres einheimischen Gastgebers). Als wir nach einer angenehmen Nacht im Schlafabteil des Zuges in Guwahati ankamen war Dominiks Fahrrad bereits da, das von Berni jedoch leider nicht. Wir haben buchstäblich Blut geschwitzt – Was sollen wir nur machen wenn das Fahrrad verschwunden ist? Wir hatten aber doch noch Glück und das Fahrrad konnte ausfindig gemacht werden.

Unser nächstes Ziel lautete Shillong – und wir hatten alle vier Beine damit zu tun uns zu dieser Stadt hochzuradeln. Viele schweißtreibende Stunden und vollbrachte Höhenmeter später erreichten wir die Stadt – genau rechtzeitig zum Lichterfest. Da wir schon früh am Nachmittag angekommen waren ließen wir uns mit der Schlafplatzsuche Zeit. Doch als wir eine Absage nach der anderen bekamen und nirgends unser Zelt aufstellen konnten bauten wir unser mobiles Haus in einem Wald nahe der Stadt auf. Wir waren dann so erledigt, dass wir zu faul waren um uns das Feuerwerk dieses Feiertages anzusehen. Auch den nächtlichen Besuch bellender Straßenhunde bekamen wir nur am Rande mit.

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Unser Weg führte uns weiter nach Silchar.  Wir waren begeistert von der wunderschönen Landschaft. (Bilder oben) Rechts und links neben der Straße sahen wir den Dschungel. Als sich aber herausstellte dass die Strecke weiterhin ein bergauf und bergab sein wird kamen wir auf eine praktische Idee: Wir hängten uns an vorbeifahrende Lastwägen dran und ließen uns solange es ging die gebirgigen Straßen hochziehen. Dem ganzen gaben wir den stimmigen Namen „CAT“ (für Catch A Truck). Zugegeben, dieses ganze Unterfangen war nicht immer ungefährlich. Die Straßen waren teilweise sehr desolat  und man musste konstant ein gewisses Maß an Körperspannung halten. Außerdem hat man am Abend einen Muskelkater in der rechten Schulter! Die meisten LKW-Fahrer waren aber sehr vorsichtig und freuten sich über uns zwei „Anhängsel“.

Nach zwei entspannenden Nächten bei einem Couchsurfer in Sichar fuhren wir weiter über Imphal nach Moreh (Grenzstadt zu Myanmar). Wir wurden wieder zu einer vielzahl von Selfies angehalten und bekamen manchmal auch Kekse geschenkt. Alles in allem waren die Menschen auf unserer Reise durch den indischen Nordosten sehr zuvorkommend, hilfsbereit, neugierig und freundlich.

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Grundsätzlich kann man festhalten, dass wir wirklich tolle Couchsurfing-Gastgeber in diesem Teil des Landes gefunden haben. Oftmals bekamen wir köstliche indische Hausmannskost serviert und umgekehrt kochten wir ebenso für unsere Gastgeber (Frittatensuppe, Burger und Marmeladepalatschinken). Auch die Polizei war immer eine Anlaufstelle für nächtliche Zeltlager. Da viele Teile dieser Regionen laut auswärtigem Amt mit erhöhter Sicherheitswarnstufe vermerkt sind,  campierten wir kaum „in freier Wildbahn“ sondern meist in der Nähe von Polizeistationen – ganz unter dem Motte „Better be safe than sorry“. Wir gaben dem ganzen den Namen „Cop-Surfing“ statt Couchsurfing 😉 Davon gibts aber leider fast keine Fotos, da uns auf Polizeistationen das Fotografieren untersagt wurde.

 

Ein besonderes Highlight war unser Auftritt im lokalen Fernsehsender DDK in Silchar. Noch bevor wir um 8 Uhr morgens das Stadtzentrum erreichten, bekamen wir gleich die Einladung für ein Interview von einem zufällig vorbeifahrenden Reporter. So wurden alle dafür nötigen Mitarbeiter an ihrem arbeitsfreien Sonntag zusammengetrommelt, um mit uns vor bzw. hinter der Kamera zu stehen.

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Nepal (Annapurna Trail)

Land der Berge

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Die Einreise nach Nepal gestaltete sich überraschend einfach: An der westlichen Grenze konnten wir in einer kleinen Hütte mit einer Mischung aus Euro und Dollar unser Visum ergattern. Was uns an diesem Land sofort auffiel: es ist viel grüner und weniger besiedelt als Indien. Freudig radelten wir also los. Unser Ziel stand fest, wir wollten das Touristen-Mekka Nepals besuchen: die Stadt Pokhara. Ebenso stand zur Diskussion, ob wir den Annapurna Trail gehen sollten. Es gab somit zwei Optionen: Entweder wir packen die Fahrräder in den öffentlichen Bus und sparen Zeit um den Tail gleich zu gehen oder wir kommen irgendwann wieder nach Nepal und gehen dann den Trail. Wir entschieden uns für die erste Option und packten kurzerhand unsere Räder auf das Dach eines Busses. In Pokhara erhielten wir anschließend alle Zulassungen die wir brauchten und gingen für 12 Tage auf Wanderschaft. Jeden Tag staunten wir über diese wunderschönen Berge, besuchten den Tilicho Lake auf über 4900 Meter und liefen über den 5416 Meter hohen Pass. Von Jomsom fuhren wir mit einem öffentlichen Bus zurück nach Pokhara, was sich zu einer Horrorfahrt entwickelte. Viel zu viele Menschen zusammengepfercht auf engstem Raum, die schlaglochreichste Straße die man sich nur vorstellen kann und massenweise Sand in der Luft. Unser innerer Seismograph zeigte eine glatte 8 auf der Richterskala an, diese Fahrt gleichte wahrlich einem Erdbeben, und das für 17 Stunden lang!

 

Am Ende des Trails gönnten wir uns noch einen Ruhetag in Pokhara und sattelten anschließend wieder unsere Fahrräder. Die Fahrt von Pokhara zurück in den Süden des Landes gestaltete sich sehr hügelig und brachte uns ganz schön ins Schwitzen. Am Weg wurde aber keine Bademöglichkeit ausgelassen, was Dominiks Gemüt sehr positiv stimmte. Wir zelteten im Wald und an schönen Stränden neben Flüssen. Gelegentlich bekommen wir nächtlichen Besuch von Kühen die gerne unser Essen haben möchten. Unsere Tageskost besteht hauptsächlich aus Samosa und Donuts – die perfekte Kombi für uns Radfahrer. In wenigen Tagen verlassen wir Nepal um erneut nach Indien zu fahren. Wir werden dieses wunderschöne Land sehr vermissen!

 

 

Nepal, Nachtrag:

Zu Nepal gibts noch einiges zu schreiben. Die letzten Nächte gestalteten sich etwas turbulenter als gewohnt. In unserer drittletzten Nacht bekamen wir beim Zeltaufbau Besuch von einer großen Kinderschar aus dem angrenzenden Dorf. Die meisten schätzen wir auf rund 12 Jahre. Zu Beginn schauten sie uns beim Zeltaufbau zu und saßen neben uns im Sand. Die Schar der Kinder wuchs und wuchs und plötzlich begannen einige Kinder Steine auf unsere Fahrräder zu werfen. Auch die Zelthaken verschwanden plötzlich. Gott sei Dank bekamen wir aber alles wieder retour (ein etwas älterer Bursche hat dann mal ein Machtwort gesprochen). Keiner der Jugendlichen konnte mit uns englisch sprechen, doch das Wort „Tiger“ verstanden wir auch so. Sie deuteten immer wieder auf den Wald. Aber da wir gleich neben einer vielbefahrenen Straße und einem Dorf schliefen, hatten wir diesbezüglich keine Bedenken. Aber als es dann dunkel wurde und wir alleine waren, hörte sich jedes Geräusch an wie das Knurren einens Tigers. Wir waren aber so müde vom Radeln, dass wir gut und schnell einschliefen.

Die Nacht darauf befanden wir uns schon sehr nahe der östlichen Grenze zu Indien. Da ein Reisfeld nach dem anderen seitlich die Straßen säumte, fanden wir kaum einen Platz für unser Zelt. Wir fragten daher bei einem Dorf nach, ob wir hier nahe der Straße zelten dürften. Dies war kein Problem und somit begannen wir mit dem Aufbau, umringt von rund 20 einheimischen Personen. Alle waren sehr freundlich und zuvorkommend, wir hatten ein richtig gutes Gefühl bei unserem Zeltplatz. Wir bekamen jedoch drei nächtliche Besuche von der Polizei. Bei den ersten beiden Besuchen wollten sie uns zum Polizeipatz mitnehmen, da es dort sicherer für uns wäre. Sie erzählten uns, dass hier Elefanten vorbeikommen würden. Aber da es sich auch hier um eine dicht befahrene Straße handelte, erklärten wir ihnen, dass wir gerne hier schlafen würden. Ebenso würde es lange dauern alles wieder zusammenzupacken und mit dem Fahrrad zur Polizeistation zu radeln. Beim dritten Polizeibesuch hatten sie einen Pickup dabei. Wir waren schon im Land der Träume als sie beim Zelt anklopften. Somit packten wir alles zusammen und verbrachten unsere Nacht vor dem Polizeigebäude. Die Beamten waren alle sehr freundlich und hilfsbereit, somit war unser Zelt in windeseile wieder aufgebaut.

Unser letzter Abend gestaltete sich sehr ruhig und friedlich in einem Wald kurz vor der Grenze zu Indien. Wir verbrachten den Nachmittag mit Kochen und spielten ein paar Runden „Schnapsen“ (kein Trinkspiel, sondern ein Kartenspiel). Die Ausreise gestaltete sich ebenso mühelos wie die Einreise. Unser nächstes Ziel lautete Siliguri. Hier werden wir bei einem Couchsurfer übernachten.

 

Indien

Kühe haben Vorrang – unsere ersten Reisetage am Rad

Gleich um 5.30 Uhr klingelt der Wecker am Montag den 1.10.18. Es ist noch alles dunkel und still im Zimmer von unserem Gastgeber Sumit in Delhi. Rasch packen wir uns zusammen, satteln unser Fahrrad und machen uns auf, um in der kühlen Morgenluft der Rush Hour zu entgehen. Nach einer herzlichen Verabschiedung von unserem Gastgeber geht es los, endlich sind wir auf Delhis Straßen unterwegs! An den Linksverkehr haben wir uns schnell gewöhnt und mit der Zeit wird der Verkehr immer dichter und dichter. Wir schlagen uns die ersten Stunden des Tages durch das turbulente Treiben der indischen Straßen. Es riecht nach Gewürzen, Essen, verbranntem Müll und verwesenden Tieren im Straßengraben – eine Mischung die auf nüchternem Magen doch recht heftig ist. Noch vor dem Frühstück radeln wir knappe 50 km und sind endgültig aus der Großstadt draußen.  Wir sind überglücklich so gut mit dem Verkehr hier zurechtzukommen und radeln am ersten Tag gleich stolze 90 km. Dabei sind und bleiben wir die nächsten Tage zwei wandelnde Schweißflecken auf Rädern. Wir sehnen uns nach einer Abkühlung und radeln daher kräftig Richtung Nepal weiter, um am zweiten Tag nach 125 km am Rad Moradabad zu erreichen. Am darauffolgenden Tag erreichen wir dann nach 90 km Rudrapur und sind nur mehr 1-2 Tagesetappen von der Grenze zu Nepal entfernt. Wir werden unterwegs ständig nach Selfies gefragt und halten am Straßenrand an, um Fotos zu machen. Sogar zwei Lehrer halten uns an und fragen, ob wir im Englischunterricht dabei sein möchten.

Die ersten 3 Nächte schlafen wir in Hotels, da wir auch zwischen den Städten keine Grünfläche finden um unser Zelt aufzuschlagen. Die Unterkünfte kosten uns lediglich umgerechnet 10 Euro pro Nacht und aufgrund der großen Etappen sind wir auch froh ein klimatisiertes Zimmer zu haben.

In unserer vierten Nacht finden wir jedoch keine Unterkunft und da es schon Zeit ist eine Bleibe für die Nacht zu suchen fragen wir bei einer Tempelanlage nach, ob hier ein Plätzchen für unser Zelt wäre. Ein älteres Ehepaar nimmt uns herzlich auf und wir verständigen uns mit Händen und Füßen, da sie kein Wort auf Englisch verstehen. Später am Abend kommt ihr Sohn nach Hause, welcher alles für uns übersetzen kann. Wir werden allen Nachbarn vorgestellt und bekommen bei jedem Haus etwas zu essen. Als in der Nacht der ganze Rummel vorbei ist und wir uns hinlegen beginnt Dominik’s Magen aktiv zu werden. Da hilft auch die gut gemeinte Kohletablette nichts mehr. Die halbe Nacht verbringt Dominik auf der Toilette und kann nichts in sich behalten, auch die orale Rehydrationslösung kommt sofort wieder retour. Die Gastfamilie ist besorgt und möchte einen Doktor rufen. Irgendwann kurz vor Mitternacht hat der Spuk ein Ende und Domi kann erschöpft einschlafen. Am nächsten Tag können wir weiterhin bei der Familie bleiben, welche sich sehr gut um uns kümmert. Wir bekommen zu essen und zu trinken. Auch Dominik wagt wieder ein paar Bissen und fühlt sich gleich besser. Viele Kinder und Erwachsene aus dem Ort kommen vorbei. Wir sind jedes Mal eine kleine Attraktion.

Als wir am darauffolgenden Tag aufbrechen möchten unsere Gastgeber, dass wir noch eine Nacht bleiben. Wir hatten viel Spaß zusammen, haben mit den Kindern des Dorfes Verstecken gespielt, sind spazieren gegangen und haben Fotos angeschaut. Doch wir freuen uns schon auf den nächsten Abschnitt – Nepal!

 

Es geht los

Noch vor Reisebeginn gab es erste Schwierigkeiten: Wir hatten mit der falschen Fluglinie bezüglich der Fahrradmitnahme geschrieben und standen nun etwas planlos da. Noch dazu war es der Abend unserer Abschiedsfeier, also nur mehr eine Woche vor Reisebeginn. Wir waren kurz vorm Verzweifeln. Sollten wir unsere Abschiedsfeier nun doch in eine „Willkommen zurück“ Feier umbenennen, da wir ohne Fahrradmitnahme aufgeschmissen wären… ? Trotz allem konnten wir die Abschiedsfeier genießen. Erst am Tag der Abreise bekamen wir das OK der Fluglinie. Wie das Schicksal so wollte konnten wir die Fahrräder auch noch gratis mitnehmen. Das Glück war also auf unserer Seite!

 

Während des langen Nachtfluges von Wien Schwechat nach New Delhi lernten wir einen Einheimischen aus Delhi kennen, welcher uns viele hilfreiche Tipps für unserer Route gab. Das Gepäck stand anschließend bei unserer Ankunft schon auf einem Rollwagen fertig gepackt da. Wir lernten auch Radreisende aus der Slowakei kennen, welche auch in Indien unterwegs sein werden.

Anschließend wurden wir sehr herzlich von unserem Gastgeber Sumit empfangen, den wir über die Plattform Couchsurfing kennengelernt haben. Er hat innerhalb von 6 Monaten über 30 Gäste aus aller Welt beherbergt, teilweise auch gleichzeitig.

In der Wohnung angekommen bestellten wir indisches Mittagessen, machten ein Nachmittagsschläfchen und bauten unsere Fahrräder zusammen. Sumit war so begeistert von unseren Rädern, dass wir am späten Abend noch eine kleine Spritztour durch Dehlis Straßen machen mussten. Der Verkehr war zu dieser Zeit glücklicher Weise nicht mehr ganz so dicht aber für unsere Verhältnisse trotzdem ganzschön chaotisch. Den darauffolgenden Tag verbrachten wir mit Einkäufen, gemeinsamen Kochen und einem langes Spaziergang im „Deer-Park“. Unsere Fahrräder wurden für den Aufbruch Richtung Nepal gerüstet.

Die Spannung steigt, am Montag den 1.10.18 wollen wir uns so richtig in den indischen Verkehr stürzen!