Feels like home…
Unsere erste Nacht in Georgien verlief leider alles andere als gemütlich. Diese mal waren es zwar nicht irgendwelche Fake-Polizisten wie in Aserbaidschan, die uns wach hielten, sonden erneut ein starkes Gewitter. Da es schon mitten in der Nacht war und wir auch sonst nirgends hin konnten, befolgten wir Domis Trick und zogen uns den Schlafsack übers Gesicht. So verfielen wir nicht jedes mal in Angst, wenn alle paar Minuten die Blitze das Zelt mit grellem Licht erleuchteten. Leider konnten wir das laute Prasseln des Regens und den Donner nicht so leicht „ausschalten“…
Doch auch dieses Gewitter ging vorbei und wir radelten am Folgetag in die Hauptstadt Tiflis ein. Was sollen wir sagen, diese Stadt ließ wahrlich Urlaubsfeeling aufkommen – ebenso fühlte sich nun alles sehr vertraut an. Die Stadt erinnerte uns an Urlaubsorte in Italien oder Kroatien – kleine gepflasterte Gassen, gemütliche Kaffees und schöne historische Bauten. Als wir den ersten Supermarkt der Kette „Spar“ entdeckten, merkten wir endgültig, dass es nicht mehr weit ist bis nachhause 😉 Wir gönnten unseren Fahrrädern (und dem durch die Gewitter der letzten Nächte geplagtem Zelt) eine Pause und besichtigten die Stadt. Man muss ehrlich sagen, nach fast einem Jahr Campingkocher-Essen ist es für uns immer ein Highlight (auf das wir lange hinfiebern!) bei unseren Städteaufenthalten in Restaurants zu essen. Wir haben bereits unzählige, sich abwechselnde Varianten von Gemüse mit Reis oder Gemüse mit Nudeln gekocht, dass wir es langsam aber sicher kaum mehr sehen können. Wir könnten beim Kochen durchaus wieder etwas kreativer werden (was wir am Anfang der Reise auch waren), doch nach einem langen Tag am Rad hat man einfach Hunger und will möglichst schnell den Bauch voll bekommen 😉
Unser Zwischenstop in Tiflis verging gefühlt viel zu schnell, doch nun galt es, das Innland zu entdecken. Wir wählten eine Route abseits der großen Hauptstraße und flüchteten aus der Hitze der Hauptstadt in das Hochland Georgiens. Und mit Hochland geht auch einher, dass wir etliche schweißtreibende Stunden bergauf unterwegs waren. Aber all dies lohnte sich, denn die Nächte waren angenehm kühl. Wir entdeckten auch eine kleine traditionelle Bäckerei und konnten hinter die Kulissen blicken. Trotz sprachlicher Barrieren erklärte uns der Bäcker, dass er seine Fladenbrote in einem Holzofen bäckt, indem er den Teig an die Wand des runden Ofens klatscht. Wir konnten nicht widerstehen und kauften gleich ein paar knusprige Brote ein.
Ein weiterer Vorteil unserer Route in Georgien war, dass wir jeden Abend an einem See zelten konnten. Von den nächtlichen Gewittern blieben wir auch verschont, doch in der letzten Nacht in Georgien demonstrierte uns der Wettergott nochmal sein Können. Wir waren gerade beim Zubereiten unseres Abendessens, als uns vor lauter Blitz und Donner der Appetit wieder verging. Wir hatten Unterschlupf in einer kleinen offenen Hütte (mit Metallpfeilern) am Waldrand gefunden – also nicht „the place to be“ bei einem Gewitter, ganz im Gegenteil. Wir stellten dann unser Zelt im nahegelegenen Wald auf. Das Gewitter zog glücklicher Weise vorbei, doch da wir in einem sehr großen Waldgebiet waren, fernab eines Dorfes oder einer Stadt, drängte sich in uns die Frage auf, ob es hier nicht Bären geben könnte. Wir konnten diese Frage nicht sicher mit nein beantworten, woraufhin Domi einen sehr professionellen „Bären-Schutz-Plan“ ausheckte. Als ersten Schritt verstauten wir unser Essen weit oben in einem Baum. Sollte uns ein Bär im Zelt angreifen wollen, würden wir zuerst mit unserem Taschenalarm für Verwirrung sorgen (und hoffentlich nicht die Aggression des Bären anheizen). Zeitgleich muss man sich die Stirnlampe aufsetzen und das Handy (für etwaige Notrufe) einstecken. Anschließend führte der Fluchtweg aus dem Vordereingang des Zeltes hinaus zum nahegelegenen, mit Bedacht ausgesuchten Baum, auf den wir dann flüchten würden. Dominik konnte innerhalb von 2 Sekunden leichtfüßig in den Ästen des Baumes sitzen, in bärensicherem Territorium also (sollte es sich nicht um einen kletterbegabten Braunbären handeln…). Für Berni waren die ersten Äste jedoch zu hoch, um überhaupt in die „Bärenschutz-Zone“ am Baum zu gelangen. Doch auch hierfür fand Dominik eine Lösung: ein großer Stein wurde am Fuße des Baumes als Stockerl platziert. 😉 Dieser Plan hört sich jetzt vielleicht wie ein nicht ernst gemeinter Scherz an, doch an diesem Abend haben wir tatsächlich diesen „Bären-Schutz-Plan“ einmal für den Ernstfall durchgespielt – und Gott sein Dank blieb es diese Nacht auch nur beim Trockentraining.
Anmerkung: Beim Verfassen dieses Textes erklärte Dominik, also gut einem Monat nach dieser Nacht, dass er im Wald Spuren gesehen habe, die wie die Tatzen eines Bäres aussahen. Er habe es in jener Nacht nicht erzählt, um nicht noch mehr Angst zu schüren. Also war unser Schutzplan vielleicht tatsächlich berechtigt.